Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Im Wettbewerb: Aktien versus Immobilien
Vieles spricht derzeit für Sachwerte. Hierzu zählen insbesondere Immobilien und Aktien. Von der Bewertung her sollte die Wahl der bevorzugten Anlageklasse einfach fallen.
Machen sich steigende Teuerungsraten in der Realwirtschaft erst in den zurückliegenden Wochen und Monaten verstärkt bemerkbar, sieht es bei den Assetpreisen ganz anders aus. So haben sind die Vermögenswerte, die sich im Besitz deutscher Privathaushalte befinden, in den vergangenen drei Jahren (Stand Ende März 2021) im Durchschnitt um 5,7 Prozent per annum verteuert. Zu diesem Ergebnis kommt das Flossbach von Storch Research Institute. Dabei spricht einiges dafür, dass sich diese Entwicklung mittelfristig fortsetzen könnte. Schließlich muss die im Zusammenhang mit der Corona-pandemie nochmals verstärkt in die Märkte gepumpte Liquidität irgendwo investiert werden.
Überdurchschnittlichen Anteil an der beschriebenen Assetpreis-inflation hatten Immobilien, deren Mieten die Entwicklung bei weitem nicht mitgemacht haben. Entsprechend sind die Mietrenditen von Wohnimmobilien – immerhin die vorherrschende Vermögensanlage vieler Privatanleger – in weiten Regionen Deutschlands inzwischen auf drei bis vier Prozent zusammengeschmolzen. In den Ballungsräumen rund um die großen Städte wie München, Frankfurt, Hamburg oder Düsseldorf liegen sie zum Teil noch deutlich niedriger – teils unter zwei Prozent.
Wird diesbezüglich der Vergleich mit Aktien gezogen, sind Dividendenpapiere geradezu günstig bewertet. So beträgt das Kurs-gewinn-verhältnis des Deutschen Aktienindex auf Basis der für dieses Jahr erwarteten Gewinne gerade einmal 15,7. Oder anders ausgedrückt: Heimische Großkonzerne weisen aktuell Gewinnrenditen von 6,4 Prozent auf. Das ist signifikant mehr als bei Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen. Und ob es hinsichtlich der Mieten in den nächsten Jahren zu Aufholeffekten kommen wird, muss unter Berücksichtigung der aktuellen politischen Entwicklungen (Mietpreisdeckel, öffentlicher Druck und anderes) doch mehr als bezweifelt werden.
Hinzu kommen bei Aktien niedrigere Transaktionskosten, ein geringerer Verwaltungsaufwand und die deutlich höhere Flexibilität, wenn Teile des Vermögens umgeschichtet werden sollen. Lediglich bezüglich der Wertschwankungen weist „Betongold“erheblich Vorteile auf. So hat der Aktienmarktabsturz zu Beginn der Corona-krise bei vielen Wertpapieranlegern doch erheblich an den Nerven gezehrt.
Interessierten Anlegern, die auch zum Schutz vor Inflation verstärkt auf Aktien setzen wollen, raten Banken wie Goldman Sachs oder die UBS im aktuellen Inflationsumfeld zu nachfrageorientierten Unternehmen mit höherer Preissetzungsmacht. Dabei handelt es sich um Firmen mit starken Marken wie den iphone-riesen Apple oder Gesellschaften, die eine starke Marktposition besetzt haben (zum Beispiel Microsoft). Ihnen ist es in der Regel möglich, höhere Lohn- und Rohstoffkosten an ihre Kunden weiterzugeben. Die Analysten von Goldman Sachs zählen zu diesen Titeln derzeit beispielsweise Philip Morris International, Oracle oder den Us-amerikanischen Telekomkonzern Verizon Communications, die noch dazu jeweils über sehr gute Margen verfügen würden.
Oft gehen steigende Inflationserwartungen mit einem Anstieg der langfristigen Zinsen einher. Anleger sollten deren Entwicklung unbedingt im Blick behalten, da sich Erhöhungen an dieser Stelle insbesondere auf solche Unternehmen negativ auswirken können, deren Ertragsperspektiven sehr weit in der Zukunft liegen. Plastisch ausgedrückt kann der Zins nämlich als „Preis für die Zeit“verstanden werden. Liegt er nahe Null, müssen zukünftig anfallende Gewinne nur mit einem sehr geringen Diskontierungsfaktor auf heute abgezinst werden. Bei steigenden Zinsen nimmt der Barwert der in weiter Ferne erwarteten Gewinne jedoch rapide ab. Dieser Effekt wirkt sich bei Geschäftsmodellen, die weniger stark von Erwartungen geprägt sind und stattdessen bereits heute positive Erträge erwirtschaften, deutlich schwächer aus. Value-aktien gewinnen gegenüber Wachstumstiteln damit relativ an Vorteil.