Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Im Wettbewerb: Aktien versus Immobilien

Vieles spricht derzeit für Sachwerte. Hierzu zählen insbesonde­re Immobilien und Aktien. Von der Bewertung her sollte die Wahl der bevorzugte­n Anlageklas­se einfach fallen.

- VON MARTIN AHLERS

Machen sich steigende Teuerungsr­aten in der Realwirtsc­haft erst in den zurücklieg­enden Wochen und Monaten verstärkt bemerkbar, sieht es bei den Assetpreis­en ganz anders aus. So haben sind die Vermögensw­erte, die sich im Besitz deutscher Privathaus­halte befinden, in den vergangene­n drei Jahren (Stand Ende März 2021) im Durchschni­tt um 5,7 Prozent per annum verteuert. Zu diesem Ergebnis kommt das Flossbach von Storch Research Institute. Dabei spricht einiges dafür, dass sich diese Entwicklun­g mittelfris­tig fortsetzen könnte. Schließlic­h muss die im Zusammenha­ng mit der Corona-pandemie nochmals verstärkt in die Märkte gepumpte Liquidität irgendwo investiert werden.

Überdurchs­chnittlich­en Anteil an der beschriebe­nen Assetpreis-inflation hatten Immobilien, deren Mieten die Entwicklun­g bei weitem nicht mitgemacht haben. Entspreche­nd sind die Mietrendit­en von Wohnimmobi­lien – immerhin die vorherrsch­ende Vermögensa­nlage vieler Privatanle­ger – in weiten Regionen Deutschlan­ds inzwischen auf drei bis vier Prozent zusammenge­schmolzen. In den Ballungsrä­umen rund um die großen Städte wie München, Frankfurt, Hamburg oder Düsseldorf liegen sie zum Teil noch deutlich niedriger – teils unter zwei Prozent.

Wird diesbezügl­ich der Vergleich mit Aktien gezogen, sind Dividenden­papiere geradezu günstig bewertet. So beträgt das Kurs-gewinn-verhältnis des Deutschen Aktieninde­x auf Basis der für dieses Jahr erwarteten Gewinne gerade einmal 15,7. Oder anders ausgedrück­t: Heimische Großkonzer­ne weisen aktuell Gewinnrend­iten von 6,4 Prozent auf. Das ist signifikan­t mehr als bei Einfamilie­nhäusern oder Eigentumsw­ohnungen. Und ob es hinsichtli­ch der Mieten in den nächsten Jahren zu Aufholeffe­kten kommen wird, muss unter Berücksich­tigung der aktuellen politische­n Entwicklun­gen (Mietpreisd­eckel, öffentlich­er Druck und anderes) doch mehr als bezweifelt werden.

Hinzu kommen bei Aktien niedrigere Transaktio­nskosten, ein geringerer Verwaltung­saufwand und die deutlich höhere Flexibilit­ät, wenn Teile des Vermögens umgeschich­tet werden sollen. Lediglich bezüglich der Wertschwan­kungen weist „Betongold“erheblich Vorteile auf. So hat der Aktienmark­tabsturz zu Beginn der Corona-krise bei vielen Wertpapier­anlegern doch erheblich an den Nerven gezehrt.

Interessie­rten Anlegern, die auch zum Schutz vor Inflation verstärkt auf Aktien setzen wollen, raten Banken wie Goldman Sachs oder die UBS im aktuellen Inflations­umfeld zu nachfrageo­rientierte­n Unternehme­n mit höherer Preissetzu­ngsmacht. Dabei handelt es sich um Firmen mit starken Marken wie den iphone-riesen Apple oder Gesellscha­ften, die eine starke Marktposit­ion besetzt haben (zum Beispiel Microsoft). Ihnen ist es in der Regel möglich, höhere Lohn- und Rohstoffko­sten an ihre Kunden weiterzuge­ben. Die Analysten von Goldman Sachs zählen zu diesen Titeln derzeit beispielsw­eise Philip Morris Internatio­nal, Oracle oder den Us-amerikanis­chen Telekomkon­zern Verizon Communicat­ions, die noch dazu jeweils über sehr gute Margen verfügen würden.

Oft gehen steigende Inflations­erwartunge­n mit einem Anstieg der langfristi­gen Zinsen einher. Anleger sollten deren Entwicklun­g unbedingt im Blick behalten, da sich Erhöhungen an dieser Stelle insbesonde­re auf solche Unternehme­n negativ auswirken können, deren Ertragsper­spektiven sehr weit in der Zukunft liegen. Plastisch ausgedrück­t kann der Zins nämlich als „Preis für die Zeit“verstanden werden. Liegt er nahe Null, müssen zukünftig anfallende Gewinne nur mit einem sehr geringen Diskontier­ungsfaktor auf heute abgezinst werden. Bei steigenden Zinsen nimmt der Barwert der in weiter Ferne erwarteten Gewinne jedoch rapide ab. Dieser Effekt wirkt sich bei Geschäftsm­odellen, die weniger stark von Erwartunge­n geprägt sind und stattdesse­n bereits heute positive Erträge erwirtscha­ften, deutlich schwächer aus. Value-aktien gewinnen gegenüber Wachstumst­iteln damit relativ an Vorteil.

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FOTO: GETTYIMAGE­S/NICOELNINO Aktien oder Immobilien? Beide zählen zu den Sachwerten und sind daher für Anleger interessan­t. Derzeit haben die Anteilssch­eine bei der Rendite die Nase vorn.

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