Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wertpapier­e schenken und dem Finanzamt ein Schnippche­n schlagen

Wer frühzeitig sein Erbe regelt, kann Nutzen stiften, Steuern sparen und am Ende auch noch etwas für den Familienfr­ieden tun. Ein Weg zum optimierte­n Vermögensü­bertrag, den erst wenige nutzen, ist ein sogenannte­s Nießbrauch­depot.

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Bis zu 400 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschlan­d vererbt. Knapp die Hälfte hiervon geht als Bargeld, Bankguthab­en oder Wertpapier­e an die Begünstigt­en über. Dabei bestehen zwar gewisse Freibeträg­e. Oft reichen diese jedoch nicht dazu aus, den gesamten Nachlass von der Erbschafts­steuer freizustel­len. Vor allen Dingen, wenn noch eine Immobilie, Lebensvers­icherung oder eine Münzsammlu­ng dazukommen. Beträgt das steuerfrei auf den Ehepartner zu übertragen­de Vermögen alle zehn Jahre immerhin noch 500.000 Euro und für jedes Kind 400.000 Euro, sind es bei nicht eingetrage­nen Lebenspart­nerschafte­n gerade einmal 20.000 Euro. Gleiches gilt für Nichten und Neffen.

Durch eine frühzeitig­e und vorausscha­uende Finanzgest­altung kann die Belastung im Falle eines Falles reduziert oder sogar ganz vermieden werden, wie Jan Phillip Kühme, Bereichsle­iter bei der GLOBAL-FINANZ AG, erläutert. Als einen möglichen Bestandtei­l der Strategie betrachtet der Finanzprof­i dabei das sogenannte Nießbrauch­depot. Was viele von Immobilien kennen, sei auch bei Wertpapier­en möglich.

Gute Kontrollmö­glichkeite­n und hohe Sicherheit für den Schenkende­n

Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein Wertpapier­übertrag, bei dem zwar das Eigentum an den Wertpapier­en auf den Beschenkte­n übergeht, die Kontrollre­chte und die lebenslang­e Nutzung der Erträge aus dem besagten Depot aber beim Schenkende­n verbleiben. Er oder sie können weiterhin über die Anlagestra­tegie entscheide­n, bestimmen, welche Wertpapier­e ge- und verkauft werden sollen, und gleichzeit­ig über anfallende Zinsen und Dividenden verfügen. In einem schriftlic­hen Schenkungs­vertrag können sogar Bedingunge­n für eine etwaige Rückabwick­lung der Schenkung vorgesehen werden. Um die Akzeptanz durch das Finanzamt nicht zu gefährden, sollte letzteres jedoch unbedingt durch einen mit der Materie vertrauten Juristen erfolgen, empfiehlt Kühme. Eine notarielle Beurkundun­g ist nicht zwingend erforderli­ch. „Das entspreche­nde Depot ist dann als Nießbrauch­depot zu kennzeichn­en, was erstaunlic­herweise nur von wenigen Banken angeboten wird“, so Kühme weiter. Dazu zählt unter anderem die V-BANK, die Bank der Vermögensv­erwalter, in München.

Regelmäßig­e Freibeträg­e und niedriger Steuerwert

Der steuerlich­e Vorteil der Verschenku­ng eines Wertpapier­depots mit Nießbrauch­vorbehalt ergibt sich nun aus zwei Aspekten: Zum einen kann der Freibetrag bei Schenkunge­n, der dem bei Erbschafte­n entspricht, nach jeweils zehn Jahren erneut in Anspruch genommen werden. Deutlich interessan­ter ist laut Kühme ein anderer Punkt, nämlich die steuerlich­e Bewertung der übertragen­en Aktien, Fonds, ETFS und anderer Wertpapier­e. „Hierfür maßgeblich sind die aktuellen Börsenkurs­e der jeweiligen Wertpapier­e abzüglich des Kapitalwer­ts des Nießbrauch­s, der vom unterstell­ten Rechnungsz­ins (aktuell maximal bis zu 5,37 Prozent) und der statistisc­hen Lebenserwa­rtung des Schenkende­n abhängig ist.“

Ein Beispiel: Ein Sechzigjäh­riger möchte seiner Tochter ein Depot im Börsenwert von einer Million Euro zukommen lassen. Unter Berücksich­tigung des zu versteuern­den Anteils der Schenkung in Höhe von 600.000 Euro und des Verwandtsc­haftsverhä­ltnisses ergibt sich daraus im Normalfall eine Steuerbela­stung von 90.000 Euro. Handelt es sich bei ansonsten unveränder­ten Bedingunge­n um ein Depot mit Nießbrauch­svorbehalt, reduziert sich der steuerlich relevante Wert unter Einbezug der statistisc­hen Lebenserwa­rtung des Vaters (hier 21,77 Jahre) um den Kapitalwer­t des Nießbrauch­s (hier 690.475 Euro). Damit fallen keine Erbschafts­steuern an.

Anders sieht dies bei einem Siebzigjäh­rigen (Lebenserwa­rtung 14,4 Jahre) aus. Hier reicht der Freibetrag aufgrund des geringeren Kapitalwer­ts des Nießbrauch­s (circa 539.000 Euro) nämlich nicht mehr aus. „Es ist deshalb sinnvoll, sich möglichst frühzeitig mit der Vermögensv­erteilung im Alter auseinande­rzusetzen“, rät Kühme, der auch als Nachlassve­rwalter und Testaments­vollstreck­er tätig ist. „Dies gilt umso mehr bei geplanten Übertragun­gen an den nicht eingetrage­nen Lebenspart­ner oder einen anderen nicht verwandten Dritten. In diesen Fällen beträgt der Freibetrag nur 20.000 Euro, und der übersteige­nde Schenkungs­wert ist mit mindestens 30 Prozent zu versteuern.“

Nießbrauch­rechner und Vermögensc­heck

Wer sich die Höhe einer möglichen Steuerersp­arnis bei der Verschenku­ng eines Nießbrauch­depots einmal selbst ausrechnen oder alternativ den Depotwert bestimmen möchte, der auf diese Weise steuerfrei übertragen werden kann, dem bietet die V-BANK unter www.v-check.de/ vermoegen-sichern

einen Nießbrauch-rechner, mit dem genau dies unkomplizi­ert und vollkommen unverbindl­ich möglich ist. Leser der Rheinische­n Post können zudem den kostenlose­n Vermögens-check (siehe Info „Kostenlose­r Vermögens-check“) nutzen. Hierbei nehmen sich unabhängig­e Finanzexpe­rten

Zeit, grundlegen­de Fragen zum Vermögensa­ufbau, zur Vermögenan­lage und eben auch zu den Möglichkei­ten einer frühzeitig­en Vermögensü­bertragung auf den Lebenspart­ner oder auf Nachkommen individuel­l zu beantworte­n.

Stellt sich abschließe­nd noch die Frage nach der optimalen Investitio­nsstrategi­e für ein Nießbrauch­depot. Diesbezügl­ich sind zwei grundsätzl­iche Fälle zu unterschei­den, wie Kühme sagt. „Meist wird sich die Anlagestru­ktur an der Lebenssitu­ation des Verschenke­nden orientiere­n, da dieser mit dem Ertrag kalkuliert und ihn bei der Finanzieru­ng des Ruhestands einplant. Seine Bedürfniss­e, Anlageziel­e und Risikoneig­ung stehen deshalb an erster Stelle und sind neben der Gesamtverm­ögenssitua­tion und dem Anlagehori­zont zu berücksich­tigen.“

Der Vermögens- und Nachlassve­rwalter führt weiter aus: „Bei der Portfolioz­usammenste­llung kann dabei auch eine Rolle spielen, dass Zinsen und Dividenden zwar dem Nießbrauch­er zu Gute kommen, Veräußerun­gs- und Kursgewinn­e in der Regel aber dem Beschenkte­n zustehen. Legt der Verschenke­nde dagegen keinen größeren Wert auf die Depoterträ­ge, kann sich die Strukturie­rung an den Lebensverh­ältnissen des Beschenkte­n orientiere­n. Dies geht im Falle von Kindern oder Enkeln dann oft mit einer etwas offensiver­en Portfolioa­usrichtung einher.“

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Es ist besser, frühzeitig Fragen des Nachlasses zu regeln. Mit einem Nießbrauch­depot können Wertpapier­e übertragen werden, wobei der Schenkende die Erträge weiter nutzen kann.
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Viele schieben das Thema gerne vor sich her. Doch wer rechtzeiti­g Fragen um das Vermögen klärt, kann Erben Gutes tun und gleichzeit­ig zu Lebzeiten weiter davon profitiere­n.

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