Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Innenminis­ter Seehofer kritisiert die Uefa scharf

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BERLIN (dpa) Proppenvol­le Tribünen in Pandemie-zeiten – für viele Politiker passt das nicht zusammen. Die Kritik an der Europäisch­en Fußball-union in der Diskussion um die Zuschauerz­ulassung bei der derzeit laufenden Europameis­terschaft hält an. Er halte die Position der Uefa für „absolut verantwort­ungslos“, sagte Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag. Die Uefa verweist bei der Entscheidu­ng über die genaue Anzahl der zugelassen­en Besucher ihrer Em-partien weiter auf die lokalen Behörden. Und die machen für die Fußballspi­ele im Londoner Wembley-stadion bei weitem keine Ausnahme.

„Wir alle wissen, dass die Kontaktver­meidung und bestimmte Hygienevor­schriften unabdingba­r sind, um die Infektione­n eines Tages zu überwinden“, sagte Seehofer bei der Bundespres­sekonferen­z in Berlin. Wenn man aber die Bilder sehe von „Menschen, die sehr dicht aufeinande­r sind“und „Erfolge feiern mit großen Umarmungen“, sei „vorgezeich­net, dass dies das Infektions­geschehen befördert“. Bei der 0:2-Niederlage der deutschen Nationalel­f im EM-ACHtelfina­le gegen England am Dienstag waren 41.973 Zuschauer im Wembley-stadion. Teile davon lagen sich in den Armen und herzten sich, sangen und grölten gemeinsam.

Für die Halbfinals und das Endspiel im Londoner Fußball-tempel sollen sogar 60.000 Zuschauer zugelassen werden. Weil die Corona-zahlen durch die Delta-variante zuletzt in Großbritan­nien wieder stiegen, ist der Schritt umstritten. Er könne „nur an die Uefa appelliere­n, es nicht auf die örtlichen Gesundheit­sbehörden abzuschieb­en“, sagte Seehofer. „Ein Sportverba­nd sollte schon klar erklären: Wir wollen das nicht, wir reduzieren die Zuschauerz­ahl.“Der Kommerz dürfe „nicht den Infektions­schutz für die Bevölkerun­g überstrahl­en“.

Die Uefa jedoch hält unbeirrt an ihren Zuschauerp­länen fest und gibt die Verantwort­ung weiter. Die Maßnahmen seien an jedem Spielort vollständi­g mit den Regularien der zuständige­n Gesundheit­sbehörden abgestimmt, teilte der Verband am Donnerstag auf dpa-anfrage mit. Die Uefa folge den Regularien. „Es ist nicht völlig auszuschli­eßen, dass Veranstalt­ungen und Versammlun­gen letztlich zu einer lokalen Erhöhung der Fallzahlen führen könnten“, sagte der medizinisc­he Berater des Verbandes, Daniel Koch. Die europaweit­en Impfkampag­nen und Grenzkontr­ollen würden „dazu beitragen, dass in Europa keine neue große Welle startet und die jeweiligen Gesundheit­ssysteme unter Druck setzt, wie dies bei den vorherigen Infektions­wellen der Fall war“.

Vor Seehofer hatten sich schon Vizekanzle­r und Spd-kanzlerkan­didat Olaf Scholz sowie Spd-gesundheit­sexperte Karl Lauterbach sehr kritisch zur großflächi­gen Fan-rückkehr in die Stadien geäußert. Und Zahlen aus Schottland bekräftigt­en zuletzt die Sorgen mit Blick auf die Ansteckung­sgefahr. Knapp 2000 Corona-fälle lassen sich nach offizielle­n Angaben dort mit Em-spielen in Verbindung bringen.

„Ein Sportverba­nd sollte schon klar erklären: Wir wollen das nicht“Horst Seehofer Bundesinne­nminister (CSU)

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