Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Lob für Bundestrainerin als Em-expertin
Martina Voss-tecklenburg lieferte bei den Schweiz-spielen im ZDF präziese Analysen und klare Worte.
DÜSSELDORF Martina Voss-tecklenburg war selbst ein wenig überrascht darüber, dass sie als Expertin überhaupt so lange bei der Europameisterschaft dabei gewesen ist. Das ZDF hatte sie für die Spiele der Schweizer Nationalmannschaft engagiert – schon der Einzug ins Achtelfinale des Turniers war eine kleine Überraschung für die „Nati“. Voss-tecklenburg hatte einige Jahre die Auswahl der schweizerischen Frauen als Nationaltrainerin betreut und kennt sich bestens bei den Eidgenossen aus.
Dass die Reise auch da nicht zu Ende ging, hatte auch Voss-tecklenburg so nicht einkalkuliert. Und so steigt die Bundestrainerin der deutschen Frauennationalmannschaft nun freiwillig aus dem Wettbewerb aus. „Mein Mann würde mir was erzählen, wenn wir unseren Urlaub erneut verschieben würden“, erzählt sie. „Es war eine tolle Zeit, aber jetzt brauche ich auch ein wenig Abstand, um meine Akkus aufzuladen.“Für Joachim Löw hatte sie nach dem Aussscheiden aber noch tröstende Worte: „Man ist dann als Trainerin und Trainer im Misserfolg sehr einsam. Und von daher finde ich es auch total richtig, dann auch entsprechend einen Support von außen zu bekommen“, sagte die 53-Jährige im Interview des Bayerischen Rundfunks.
Voss-tecklenburg gehört zu den Gewinnern bei der EM – wie auch Almuth Schult bei der ARD hat sie viele Zuschauer mit ihrer klaren analytischen Art überzeugt. Voss-tecklenburg war auf den Punkt vorbereitet, erzählte nicht drumherum, sondern glänzte mit Wissen und nicht mit Stammtisch-geschwurbel. Der „Tagespiegel“kam sogar zu dem Urteil: „(...) Vor allem der Gastauftritt der Bundestrainerin war eine Wonne. Am vergangenen Sonntag war Martina Voss-tecklenburg im ZDF am Start und redete Per Mertesacker mit ihrer Expertise an die Wand.“
Voss-tecklenburg ist vor allem darüber begeistert, dass nun im Fernsehen auch die Diversität mit einer gewissen Selbstverständlichkeit gelebt wird. „Die Sichtbarkeit von Frauen muss auch bei einer EM gewährleistet sein. Warum sollten nicht auch Frauen darüber vor der Kamera reden dürfen, es sitzen ja auch Millionen Frauen vor den Tv-geräten“, sagt sie. „Almuth Schult als Expertin, Ariane Hingst und Claudia Neumann als Kommentatorinnen. Das darf nichts Exotisches sein, sondern Normalität.“
Einige männliche Zuschauer haben aber offenbar auch im Jahr 2021 noch gesteigerte Probleme damit. Das „ZDF“hat Nachrichten veröffentlicht, in denen vor allem Neumann auf übelste Weise beleidigt wird. Der Sender prüft in Einzelfällen auch rechtliche Konsequenzen. „Man muss gut überlegen, solchen Leuten überhaupt eine Plattform zu geben und sie damit am Ende sogar noch aufzuwerten“, sagt Voss-tecklenburg. „Natürlich muss sich jeder Kritik stellen, wenn er vor der Kamera steht. Aber nicht wegen seines Geschlechts, sondern für das, was er inhaltlich abgeliefert hat.“
Voss-tecklenburg ist nicht nur Tv-expertin, im Hauptberuf Bundestrainerin, sondern auch als Aufsichtsrätin von Zweitligist Fortuna Botschafterin des Vereins. Sie gehört dem Kontrollgremiums bereits seit 2018 an und wurde erst im Februar für weitere drei Jahre bis mindestens 2024 berufen.