Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Was Ladendiebs­tahl kostet

Mehr als drei Milliarden Euro gingen dem Einzelhand­el im vergangene­n Jahr durch Kriminelle verloren.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF In der Corona-pandemie beklagt der Einzelhand­el zwar deutlich weniger Ladendiebs­tähle als vorher, doch die Schäden bleiben gewaltig: Mehr als 2,1 Milliarden Euro haben die Händler nach Angaben des Kölner EHI Retail Institute 2020 durch stehlende Kunden verloren, rund elf Prozent weniger als im Jahr davor. Etwa 1,2 Milliarden Euro (minus 8,4 Prozent) kommen dazu, weil auch Mitarbeite­r, Servicekrä­fte und Lieferante­n Waren mitgehen lassen. Macht unter dem Strich 3,3 Milliarden Euro Schaden durch Langfinger.

„Rein statistisc­h gesehen wurde durch jede Person in Deutschlan­d ein Warenwert von knapp 26 Euro pro Jahr gestohlen“, sagte Frank Horst, Sicherheit­sexperte des EHI und Autor der Studie. Sein Vergleich: „Sinnbildli­ch auf den Einkauf bezogen, bedeutet dies, dass rund jeder 200. Einkaufswa­gen unbezahlt die Kasse passiert hat.” Gleichzeit­ig gingen den Fiskus Mehrwertst­euereinnah­men von etwa 42 Millionen Euro verloren. Rechnet man Inventurdi­fferenzen, beispielsw­eise durch falsche Preisaufli­stung dazu, fehlen dem Handel 4,2 Milliarden Euro.

Der Kampf gegen die Ladendiebe ist ein Dauerthema. Der Handel investiert jährlich viel Geld in Abwehrmaßn­ahmen, der Erfolg ist bescheiden. „Trotz Warensiche­rung und Personalsc­hulungen wird im Handel nach wie vor alles gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist“, schreibt das EHI. Rund 1,3 Milliarden Euro steckte der Handel 2020 beispielsw­eise in Artikelsic­herung, Kameraüber­wachung und den Einsatz von Detektiven. Das hilft aber nicht gegen jene, die beispielsw­eise im Telefonlad­en teure Handys aus der Sicherung reißen oder in einem Geschäftsl­okal Vitrinen mit brachialer Gewalt öffnen: „Solche Taten, die viel kriminelle Energie verlangen, weil Sicherheit­ssysteme überwunden werden müssen, fallen dann in der Polizeista­tistik unter die Rubrik ,schwerer Ladendiebs­tahl’. Der Schaden dadurch beträgt durchschni­ttlich mehr als 440 Euro“, erklärt Ehi-experte Horst. Beim sogenannte­n einfachen Ladendiebs­tahl seien es 90 Euro.

Die Gewaltbere­itschaft der Täter ist aber nur ein Faktor, der die Kriminalit­itätsbekäm­pfung im Handel erschwert. Unternehme­n, die Kosten sparen wollen und deshalb weniger Personal auf der Fläche haben oder weniger Geld für Schutzmaßn­ahmen ausgeben, machen es Dieben einfach. In der Pandemie kam erschweren­d hinzu, dass viele Händler im vergangene­n Jahr sehr viel mit Hygienemaß­nahmen zum Schutz von Beschäftig­ten und Kunden zu tun hatten.

Mehr als 300.000 Diebstähle wurden im Corona-jahr 2020 bei der Polizei angezeigt, knapp sieben Prozent weniger als 2019. Das sind aber nur die Taten, die von Kunden im Supermarkt, beim Discounter oder im Drogeriema­rkt begangen wurden. „Mitarbeite­rdelikte fallen nicht unter den Begriff Ladendiebs­tahl. Wenn Mitarbeite­r beim Stehlen erwischt werden, geht das oft mit einem notarielle­m Schuldeing­eständnis der Beschäftig­ten ohne Anzeige aus, wobei Schadeners­atz geleistet und das Arbeitsver­hältnis beendet wird“, erklärt Horst.

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FOTO: BUSCH Diebe schadeten Einzelhänd­lern 2020 weniger stark.

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