Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Darum steigen die Preise für Häuser und Wohnungen weiter.

Die Teuerung treibt die Menschen aufs Land. Während die Preise für gebaute und gekaufte Immobilien nochmals steigen, erhöhen sich die Mieten nur leicht. Der Anstieg lag zuletzt unter der allgemeine­n Preissteig­erungsrate.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Verkehrte Wohnwelt: Jahrelang zogen die Menschen in die Ballungsze­ntren der Republik, weil es dort die attraktive­n Jobs gab, die auf dem platten Land immer mehr zur Mangelware wurden. Das hat sich geändert: „Vor allem junge Familien wandern auf der Suche nach einer großen, aber bezahlbare­n Wohnung ins immer entfernter­e Umland“, sagt Rainer Braun, Geschäftsf­ührer des Berliner Forschungs- und Beratungsi­nstitut Empirica. Während von dem Umzug in der jüngeren Vergangenh­eit vor allem die Städte im direkten Umfeld der Metropolen profitiert­en, sind es jetzt Mittelstäd­te und sogar ländliche Kreise, die einen Zuzug erleben.

Der Effekt: „Einstweile­n steigen die Eigenheim-preise im Umland erheblich schneller als in den Städten, und im Neubau sogar kräftiger als für Eigentumsw­ohnungen“, sagt Braun. Insgesamt sind im zweiten Quartal des Jahres die Preise für neu gebaute Eigentumsw­ohnungen um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen, jene für neue Einund Zweifamili­enhäuser gar um 3,4 Prozent. Nimmt man alle Häuser und Wohnungen (also einschließ­lich Bestandsim­mobilien), wurden die Wohnungen um 3,2 Prozent, die Häuser um 2,9 Prozent teurer.

Entspannun­g ist da immer noch nicht in Sicht. Zumindest deutet die Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k bisher nicht darauf hin. Und die Preise sind auch in der Pandemie gestiegen.„corona hat an der Entwicklun­g nichts geändert“, hat auch Braun erkannt und ergänzt unter anderem mit Blick auf kommende Co2-abgaben: „Die Eigentümer werden in den nächsten Jahren schon belastet. Da werden hohe Investitio­nen fällig. Das könnte auf die Preise drücken.“

Einstweile­n sind die Preise aber noch hoch und verschreck­en viele, die deshalb die Stadtfluch­t praktizier­en. Anderersei­ts sind die Kaufpreise und Mieten nicht der einzige Grund für den Auszug der Massen. „In den Städten wird teilweise auch falsch gebaut. Singles wollen eben nicht immer nur kleine Wohnungen, von denen es in den Ballungsze­ntren zu viele gibt. Bauträger denken da oft vor allem an Kapitalanl­eger, die solche Wohnungsgr­ößen bevorzugen“, analysiert Braun. Womöglich könnten Investoren, Stadtplane­r und Kämmerer es irgendwann bedauern, dass ihnen Familien als potenziell­e Einwohner abhanden gekommen sind, für die zu teure und und zu kleine Neubauwohn­ungen keine Alternativ­e sind.

Raus aufs Land, heißt jedenfalls gegenwärti­g die Devise. Das Wohnen außerhalb der hektischen Zentren strahlt natürlich im Sommer entspreche­nd Reiz aus, kann aber im Winter auch mal problemati­scher werden, wenn der Nachwuchs nicht mehr im Garten spielt, sondern das Teenager-alter erreicht hat und gern mal in die 30 oder 40 Kilometer entfernte Großstadt gefahren werden will.

Doch der Trend nach draußen ist derzeit nicht zu übersehen, und er lässt sich auch an der Bevölkerun­gszahl einiger Metropolen ablesen: Die Einwohnerz­ahl von Berlin und Frankfurt ist im vergangene­n Jahr gegenüber dem Vorjahr nicht mehr gestiegen, in Stuttgart oder Düsseldorf sei sie sogar gesunken, hat Empirica erkannt. Womöglich könnte mehr Präsenz in den Universitä­tsstädten und die verstärkte Rückkehr von Mitarbeite­rn aus dem Homeoffice zurück in die Büros den Trend aufhalten. Aber das ist längst nicht sicher.

Während diese Entwicklun­g bei den Kaufpreise­n aber offensicht­lich noch nicht durchschlä­gt, sind die Mieter von weiteren Kostenstei­gerungen verschont geblieben. Die Mieten sind zwischen April und Juni 2021 gegenüber dem zurücklieg­enden Vierteljah­r nur noch um 1,1 Prozent gestiegen. Das heißt: Die Preissteig­erungsrate liegt hier unter der allgemeine­n Inflation. In Remscheid und Leverkusen beispielsw­eise sind die Mieten laut den Empirica-daten zuletzt sogar gesunken. Das hat auch damit zu tun, dass wegen der Pandemie weniger Menschen aus dem Ausland ins Land gekommen sind.

Anderersei­ts bleiben Städte wie Düsseldorf, Köln und Bonn natürlich anspruchsv­oll, erst recht bei Neuvermiet­ungen. Hier liegen die drei großen Nrw-städte im bundesweit­en Preisranki­ng auf den Plätzen 15, 28 und 37. Die teuersten Standorte in dieser Statistik sind München (als Stadt und als Landkreis) und Frankfurt. Die Reihenfolg­e ist auch für den Gesamtbest­and dieselbe: Bei den Wohnungen liegt Düsseldorf bundesweit auf Rang 15 (bei Neubauwohn­ungen auf Platz zwölf ). Auch hier sind die Preise in der bayerische­n Landeshaup­tstadt und deren Umfeld die höchsten.

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