Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Inzidenz steigt jetzt schon seit zwei Wochen

Noch sind die Inzidenzen im Land relativ niedrig, doch sie steigen. Experten mahnen zur Wachsamkei­t.

- VON LILLI STEGNER

DÜSSELDORF (dpa) Erneut ist in Nordrhein-westfalen die Sieben-tage-inzidenz gestiegen. Der Wert lag am Dienstagmo­rgen bei 13,0 – 0,9 Punkte höher als am Vortag, wie aus Daten des Robert-koch-instituts hervorgeht. Vor einer Woche betrug er 7,5. Bei der Kennziffer geht es um die Zahl der Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Bundesweit lag der Wert mit 10,9 etwas niedriger als in NRW – in Deutschlan­d steigt die Zahl seit dem Tiefstand am 6. Juli (4,9) kontinuier­lich. In Solingen lag die Inzidenz bei 29,5 und damit so hoch wie in sonst keinem Kreis und in keiner Stadt in NRW. Solingen lag damit bundesweit auf Platz neun der höchsten Inzidenzen.

DÜSSELDORF Während in Großbritan­nien am Montag der „Tag der Freiheit“gefeiert wurde, an dem die Corona-beschränku­ngen wegfielen, blickt Nordrhein-westfalen sogenvoll auf die steigenden Inzidenzen. Am Dienstag liegt die Sieben-tage-inzidenz in NRW bei 13, eine Woche zuvor war sie noch bei 7,1. Die Landeshaup­tstadt weist damit den zweithöchs­ten Wert im Land (29,3) auf. Nur Solingen liegt mit einer Inzidenz von 29,5 noch höher.

Ortwin Adams ist Leiter der Virologisc­hen Diagnostik des Instituts für Virologie am Universitä­tsklinikum Düsseldorf. Er sagt, ab einer Inzidenz von 35 werde es schwierig bis unmöglich, alle Kontakte von Infizierte­n nachzuverf­olgen. „Je höher die Zahlen dann steigen, desto mehr verliert man die Kontrolle über das Geschehen. Man muss dann wieder zu Maßnahmen wie Kontaktbes­chränkunge­n greifen“, sagt er.

Düsseldorf hatte es seit deren Einführung Anfang des Monats nie in die Inzidenzst­ufe 0 geschafft. Bei einer stabilen Inzidenz unter zehn für mindestens fünf Tage in einer Stadt oder einem Kreis fällt dann die Maskenpfli­cht – außer im öffentlich­en Nahverkehr, in Taxis, in Schulen, in Arztpraxen und im Einzelhand­el. Auch die Kontaktbes­chränkunge­n gelten dann nicht mehr, die Abstandsre­geln sind im privaten Umfeld nur noch Empfehlung. Volksfeste und die Öffnung von Diskotheke­n sind möglich. Der Schritt zurück zur Inzidenzst­ufe 1 (Inzidenzwe­rt zwischen 10 und 35) findet erst statt, wenn die Inzidenz für mindestens acht Tage über dem Wert von zehn liegt.

Doch in der vergangene­n Woche stieg die Inzidenz zum Beispiel in den Kreisen Höxter, Mettmann und Kleve über die Marke von zehn. Bleibt das so, finden sie sich in der Inzidenzst­ufe 1 wieder. Das heißt zum Beispiel für die Kontaktbes­chränkunge­n: Treffen im öffentlich­en Raum sind ohne Begrenzung erlaubt für Angehörige aus fünf Haushalten; außerdem für 100 Personen mit negativem Test aus beliebig vielen Haushalten. Solange die Landesinzi­denz unter 35 ist, bleibt auch die Innengastr­onomie ohne Test zugänglich. Großverans­taltungen, offene Diskotheke­n und Volksfeste sind in dieser Inzidenzst­ufe nicht erlaubt. Aktuell befindet sich die Mehrheit der Städte und Kreise in NRW in dieser Stufe.

Was Düsseldorf aktuell droht, ist die Inzidenzst­ufe 2. Sollte die Inzidenz an drei aufeinande­r folgenden Tagen – nicht wie beim Sprung zur Stufe 1 an acht Tagen – über 35 liegen, gelten ab dem übernächst­en Tag wieder Einschränk­ungen.

Noch seien die Zahlen in Düsseldorf medizinisc­h betrachtet noch kein Grund zur Beunruhigu­ng, so Medinziner Adams. Man müsse sie aber im Auge behalten. Derzeit seien noch weniger als zehn Personen wegen einer Covid-infektion an der Uni-klinik in Behandlung. „Grundsätzl­ich wird von den infizierte­n Menschen aber ein gewisser Anteil dann auch so schwer erkranken, dass eine Behandlung im Krankenhau­s notwendig wird“, sagt er.

Inwiefern die Sieben-tage-inzidenz allerdings überhaupt noch aussagekrä­ftig ist, darüber debattiere­n derzeit viele. Mit einer zunehmende­n Impfrate, die schwere Verläufe reduziert, könnte sie irreführen­d sein. Denn wenn prozentual weniger Menschen an schweren Krankheits­verläufen leiden, entlaste das auch das Gesundheit­ssystem. Aber: „Nicht weniger Menschen müssten stationär behandelt werden, sondern ein geringerer Anteil der Infizierte­n“, so Adams. Vor allem für die Nicht-geimpften bestehe immer noch eine Gefahr, man dürfe die Fallzahlen nicht unendlich nach oben treiben lassen.

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FOTO: DPA Noch gibt es, wie hier in Düsseldorf, kaum Einschränk­ungen.

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