Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Weitere Bäume abgeholzt: Anwohner sauer
Auf einem Privatgrundstück an der B 8 in Friedrichsfeld wurden erneut Bäume gefällt. Bürger und die Stadt Voerde kritisieren das. Durch den Kahlschlag dringt nun mehr Verkehrslärm zu den angrenzenden Häusern durch.
VOERDE (P.K.) Es ist ein trauriges Bild, das sich da seit etwa eineinviertel Jahren in Friedrichsfeld auf der Fläche an der B8 zwischen dem Standort der Feuerwehr und dem an der Heidestraße ansässigen Kleingartenverein „Tannenbusch“bietet: Im Frühjahr 2020 hatte der Eigentümer besagten Grundstücks trotz all der im Vorfeld geäußerten Kritik und Appelle eine sehr große Zahl der dort stehenden Bäume abholzen lassen. An einigen Stellen zeugen Stümpfe noch von deren Existenz, an anderen wurden sie komplett mit Wurzelwerk beseitigt. Wildwuchs hat sich im wahrsten Wortsinn breitgemacht und einige Bäume liegen auf dem Gelände: Anwohner berichten und ärgern sich über weitere Fällungen, die in den vergangenen Tagen stattgefunden hätten, und stellen angesichts dessen die Frage, ob das Gebiet vom Besitzer nicht wieder aufgeforstet werden sollte.
„Die Stadt muss (leider) feststellen, dass der Eigentümer auf der Fläche das geltende Planungsrecht weiter umsetzt“, erklärt die Erste und Technische Beigeordnete Nicole Johann auf Anfrage. Im Zuge einer Ortsbegehung am Mittwoch vergangener Woche sei festgestellt worden, dass entlang der B 8 etwa elf Bäume und entlang der Fußwege etwa vier Bäume kahlgeschlagen worden seien. Das heißt, sie wurden in zirka 20 Zentimetern Höhe gefällt und Wurzelwerk und Stumpf im Boden belassen. Außerdem seien viele weitere Bäume, die entlang der Bundesstraße und des Fußweges stehen, „gekennzeichnet beziehungsweise markiert“. In einem Fall habe man bei der Ortsbesichtigung eine Fällung aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht festgestellt. Es handelte sich, sagt Johann, „um eine morsche, große Pappel an der B8“.
In dem Bereich, in dem laut Bebauungsplan die Schaffung einer Kleingartenanlage möglich ist, durfte und hat der Grundstückseigentümer das Wäldchen 2020 roden, sprich, die Bäume mitsamt Stumpf und Wurzelwerk entfernen lassen.
Bislang ist von der angesprochenen Nutzung der rund 0,6 Hektar großen Teilfläche, für die der Besitzer – anders als der mit seiner Fläche direkt daran angrenzende Kleingartenverein – eine Nachfrage ausgemacht hat, nichts zu sehen.
Die im Bebauungsplan festgesetzten Waldflächen – Johann zufolge sind diese drei Teilstücke insgesamt 5535 Quadratmeter groß – müssen bei Kahlschlag innerhalb von zwei Jahren wieder aufgeforstet werden: Im Fall der vor etwa 16 Monaten erfolgten Fällungen hat der Besitzer dafür also bis längstens Frühjahr 2022 Zeit. In der Frage zuständig sei der Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Dieser habe der Stadt zugesichert, „dass dies von dort überwacht und nachgehalten wird“. Johann erinnert an den Einsatz von
Stadt, Bürgern, Politikern und Naturschutzvereinen für den Erhalt der Waldfläche an der B8, die beim Eigentümer aber ohne Wirkung verhallte. 2020 hatten Anwohner die Befürchtung geäußert, dass aus der
Fläche Bauland werden soll. Bürgermeister Dirk Haarmann erklärte damals, die Stadt habe kein Interesse daran, dass direkt an der Hauptverkehrsstraße Wohnungen entstehen, führte an, dass der geltende Bebauungsplan nur mit Zustimmung des Rates geändert werden könne.
Wald habe wegen seiner „vielfältigen Funktionen nicht erst seit Klimawandel und Artenschwund eine große Bedeutung“, sagt die Beigeordnete Johann. Die „erneuten Fällmaßnahmen jetzt im Juli“stoßen bei der Bürgerschaft auf viel Kritik. Es seien „zahlreiche, erboste und sorgenvolle Anrufe“bei der Stadt eingegangen. Die Sorgen und Beschwerden der Anwohner der Hugo-mueller-straße richteten den Blick auch auf die Auswirkung des Kahlschlages auf die künftige Lärmbelastung durch den Verkehr auf der B8. Bäume hätten „zweifelsohne auch schalldämpfende Eigenschaften“. Statt des „üblichen Vogelgezwitschers hört man nur noch den Bundesstraßenlärm“, sagt ein Anwohner, der nun ernsthaft eine wohnliche Veränderung erwägt.
Eine Bewohnerin des Hochhauses an der Hugo-mueller-straße in Friedrichsfeld beklagt, dass nach dem großen, im Frühjahr 2020 erfolgten Kahlschlag auf der Privatfläche an der B8 die Wohnqualität gemindert sei. Neben der Optik – „es ist hässlich“– führt sie an, dass der Verkehr von der Bundesstraße seither lauter zu hören sei. Und: „Wir haben viel mehr Staub als vorher auf dem Balkon.“
Die Entscheidung, eine Wohnung in dem Hochhaus zu beziehen, sei damals auch wegen des da noch schönen Ausblicks auf das Wäldchen gefallen: „Es war paradiesisch – wir schauten nur auf Baumbestand.“Die Fällungen findet die Anwohnerin schlimm und machen nicht nur sie traurig: „Wir sind alle entsetzt hier.“
„Wir haben viel mehr Staub als vorher auf dem Balkon“Bewohnerin des Hochhauses Hugo-müller-straße