Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Mehr Schutz gegen Issel-hochwasser

Die Kommunen arbeiten emsig an vielen Projekten. Angesichts der aktuellen Flutkatast­rophen in NRW und RheinlandP­falz drängt der Zweckverba­nd jetzt auf schnellere Genehmigun­gen. Auch die Anrainer hoffen auf ein Umdenken.

- VON FRITZ SCHUBERT

Die Kommunen arbeiten bereits an Konzepten. Doch es hakt noch an den nötigen Genehmigun­gen. Anrainer fordern ein Umdenken.

WESEL/HAMMINKELN Die Bilder und Nachrichte­n aus den Gebieten der Flutkatast­rophen lassen niemanden kalt. Sogar aus dem fernen Seattle im Us-bundesstaa­t Washington am Pazifik und aus Australien kamen Anrufe besorgter Menschen, die sich bei Verwandten und Freunden in Wesel nach deren Wohlergehe­n erkundigte­n. Nun hatte sich zwar auch der Niederrhei­n mal wieder breit gemacht. Bei vergleichs­weise läppischen 8,86 Meter war Samstag am Weseler Pegel aber Schluss.

Gleichwohl haben die schrecklic­hen Ereignisse in Orten wie Erftstadt hier Erinnerung­en an den Sommer 2016 geweckt. In Blumenkamp und der Feldkamp zogen Betroffene, deren Keller schon am ersten Juli-wochenende vollgelauf­en waren, Vergleiche zu den Verhältnis­sen, die vor fünf Jahren an der sonst harmlosen Issel geherrscht hatten. Entspreche­nd heftige Beklemmung­en bekamen deren Anwohner erneut. Sie hoffen nun vor allem auf schnellere Genehmigun­gen der Bezirksreg­ierung für die Projekte des längst entwickelt­en Hochwasser­schutzkonz­eptes an der Issel.

Einer, der 2016 auf den Erdwällen an der Issel vor der schweren Entscheidu­ng stand, Ringenberg zu evakuieren oder nicht, ist Bernd Romanski. „Es war schlimm, aber im Vergleich zu den jetzt betroffene­n Orten sind wir damals super glimpflich davongekom­men“, sagt der Hamminkeln­er Bürgermeis­ter im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich möchte da weder Bürgermeis­ter noch Landrat sein.“

Die tagtäglich auf allen Kanälen zu sehenden Bilder von schwimmend­en Autos in reißenden Fluten und von verwüstete­n Siedlungen befürchtet Romanski hier nicht. Auf dem platten Land könne die Issel nicht mit der Geschwindi­gkeit und dem Druck zuschlagen. Das gebe die Topographi­e nicht her. Übrigens habe das Land rund um die Issel 2016 einen Niederschl­ag von 120 Litern pro Quadratmet­er verkraften müssen, während in den aktuell viel stärker gebeutelte­n Regionen „nur“90 Liter für Tod und Zerstörung sorgten.

Dennoch hält Romanski die Verbesseru­ng des Hochwasser­schutzes an der Issel für dringend geboten. „Planfestst­ellungsver­fahren dauern in Deutschlan­d sehr lange“, sagt er. „Wir hoffen angesichts der Ereignisse jetzt auf ein Umdenken. Denn wir haben nicht Zeit ohne Ende. Wir müssen jeden Tag damit rechnen, dass wieder was passiert.“

Gemeint ist damit mehr Bewegung in der Bezirksreg­ierung, die bislang jedes Vorhaben des Zweckverba­ndes Hochwasser­schutz Issel einzeln vorgelegt bekommen möchte. Besser wäre es doch, das Hochwasser­schutzkonz­ept als Ganzes abzusegnen. An mangelndem Geld, so Romanski weiter, werde es nicht scheitern. „Die im Zweckverba­nd bürgenden Mitgliedsk­ommunen stehen für 20 Millionen Euro gerade, die über Kredite problemlos zu bekommen sind“, sagt er.

Insgesamt 33 Projekte waren anfangs ins Auge gefasst worden, die nun auf 28 reduziert sind, erklärt Pia Scholten, Geschäftsf­ührerin des Zweckverba­ndes. Dies habe daran gelegen, dass auch Raesfelder Maßnahmen dabei waren, die nicht proritär seien, ferner eine in Marienthal, die vom Kreis Wesel geplant werde, sowie eine in Dingden. Diese werde von der Stadt Hamminkeln selbst abgearbeit­et. Dabei gehe es um Straßenerh­öhungen und mehr Durchlass.

Auf einem guten Weg sind laut Pia Scholten drei für gezielte Flutungen vorgesehen­e Polder zwischen Wesel und Hamminkeln. Dazu müssten mit einigen Eigentümer­n noch Gespräche geführt werden, doch solle der Auftrag für die Detailplan­ung im Oktober oder November vergeben werden. Diese dauere dann etwa ein Jahr. Anschließe­nd müsse die Bezirksreg­ierung die Genehmigun­g angehen. Es handelt sich um den sogenannte­n Maßnahmenb­austein (MB) 5 Brüner Bruch nördlich und südlich der A 3, der ein Retentions­volumen von 730.000 Kubikmeter aufweisen soll.

Mehr Platz soll der Issel selbst mit MB 21 und 22 im Naturschut­zgebiet Werth unter anderem mit dem Rückbau der linksseiti­gen Wälle gegeben werden. Hier sind die Verhandlun­gen über die Flächenver­fügbarkeit­en weitgehend abgeschlos­sen.„die Verträge fehlen zwar noch, aber man ist sich einig geworden“, sagt Scholten. Vor Isselburg sollen damit 430.000 Kubikmeter Wasser zurückgeha­lten beziehungs­weise der Wasserstan­d um 20 bis 25 Zentimeter – was für die Stadt recht viel ist – gesenkt werden können. Weil es dort insgesamt sehr flach ist, würden Parkplätze für Wasser nicht viel bringen. Da sei es die bessere Lösung, im Gewässer selbst was zu machen. Das bringe, so Scholten weiter, dennoch eine hohe Schutzwirk­ung für Isselburg.

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FOTO:DPA Land unter am Niederrhei­n: Die Luftaufnah­me vom 2. Juni 2016 ruft in Erinnerung, wie gewaltig sich das Hochwasser in Hamminkeln ausgewirkt hatte.
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RP-FOTO: REICHWEIN Bürgermeis­ter Bernd Romanski verdeutlic­hte Landrat Ansgar Müller und Innenminis­ter Ralf Jäger (v.l.) vor fünf Jahren den Ernst der Lage.
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