Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Rechtzeitig gewarnt, aber zu spät gehandelt
Es ist noch zu früh, eine Bilanz der verheerenden Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands zu ziehen. Aber Fragen drängen sich schon auf, und einige Fakten haben sich bereits jetzt herauskristallisiert. Deshalb ist es durchaus Zeit für ein Zwischenfazit.
Eines kann man vorneweg sagen: Die Warnung vor dem Unwetter ist rechtzeitig erfolgt, auch wenn wichtige Details fehlten. Die Reaktion darauf verlief allerdings uneinheitlich. Und wie so vieles in Deutschland sind die Wege der Information, der Koordinierung und der Ausführung äußerst verschlungen. So richtig es ist, dass die Kommunen vor Ort mit lokalen Naturereignissen umgehen, so zutreffend ist es auch, dass diese Katastrophe die Gemeinden überfordert hat. Es wäre voreilig, nun den Schuldigen beim Land zu sehen. Aber dort hat man die Lage nach den üblichen Mustern abgearbeitet und sich starr an die Regeln des eingeübten Katastrophenschutzes gehalten. Für das Ausmaß eines Jahrhunderthochwassers war das zu wenig. Ein Helmut Schmidt, wie seinerzeit bei der Flut in Hamburg, war nirgends zu sehen.
Und ein zweites hat das schlimme Unwetter gezeigt. Es hat die Schwächen des aktuellen Systems offengelegt. Der Katastrophenschutz in Deutschland ist zu komplex und zu umständlich. Wenn es auf Geschwindigkeit und schnelle Entscheidungen ankommt, müssen Informationswege vereinfacht und Koordinierungsstellen gestärkt werden. Die Technologie dafür ist da – sowohl analog, etwa über Sirenen, als auch digital, etwa über Warnapps und neue Medien. Da solche Großwetterlagen angesichts des Klimawandels noch öfter zu erwarten sind, muss das Krisenmanagement angepasst werden. Noch ist es die Zeit der Hilfe. Aber die Vorsorge vor der nächsten Umweltkatastrophe ist genauso wichtig.
BERICHT DAS PROTOKOLL DER KATASTROPHE, POLITIK