Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wie Berlin den Flutopfern helfen will
200 Millionen Euro Soforthilfe hat das Kabinett beschlossen. Am Ende dürfte die Summe noch steigen: Die Länder wollen mehr geben.
BERLIN Die Bundesregierung hat zur Linderung der größten Not in den Hochwassergebieten eine Soforthilfe des Bundes von 200 Millionen Euro beschlossen, die aber noch aufgestockt werden dürfte. „Wenn es so ist, dass mehr gebraucht wird, dann ist es so, dass wir auch mehr Geld zur Verfügung stellen“, sagte Bundesfinanzminister und Spd-kanzlerkandidat Olaf Scholz nach der Kabinettsentscheidung am Mittwoch in Berlin. Die Länder sollen die Hilfen verdoppeln, sodass kurzfristig mindestens 400 Millionen Euro bereitstehen sollen.
Um welche Summen geht es bei der Soforthilfe?
Absehbar ist schon jetzt, dass die Soforthilfe von Bund und Ländern deutlich höher ausfallen wird als zunächst angekündigt. Denn allein das Land Nordrhein-westfalen stellt 200 Millionen Euro zur Verfügung. Auch Bayern hat bereits 50 Millionen Euro angekündigt. Zusammen kommen schon diese beiden Länder also auf 250 Millionen Euro – und damit mehr als die vom Bund zunächst geplante Summe von 200 Millionen Euro. Auch Rheinland-pfalz will seinen Landesanteil an der Soforthilfe verdoppeln. Scholz erklärte, der Bund werde „jedes Mal die Hälfte dazufinanzieren“. Nach den Ankündigungen ergibt sich für NRW insgesamt eine Summe von mindestens 400 Millionen Euro an Soforthilfe.
Wie soll die Hilfe funktionieren? Scholz erklärte, die Hilfen sollten schnell und unbürokratisch fließen, eine Einkommensprüfung sei nicht geplant. Die Details sollten die Länder organisieren. Für die Verteilung der Hilfsgelder vor Ort sollen in den meisten Ländern dann die Kommunen zuständig werden. Rheinland-pfalz kündigte an, jeder betroffene Haushalt solle eine Soforthilfe von bis zu 3500 Euro bekommen.
Was ist längerfristig geplant?
Da die vom Klimawandel ausgelösten Extremwetterereignisse in Zukunft zunehmen, plant die Bundesregierung einen milliardenschweren Aufbaufonds, aus dem Opfern von Klimaschäden auch künftig geholfen werden kann. Die Länder sollen den Fonds zur Hälfte tragen. Darüber soll eine Sonder-ministerpräsidentenkonferenz Ende des Monats oder Anfang August befinden. Innenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte, die Schadenssumme beim letzten Extremhochwasser in elf Bundesländern habe 2013 rund sechs Milliarden Euro betragen. Scholz versicherte, alle Schäden von Betroffenen würden ausgeglichen: „Wir werden Geschäfte wieder aufbauen, wir werden Fabriken und Häuser wieder aufbauen.“
Was wird darüber hinaus diskutiert? Der Bund schlägt den Ländern zudem Gespräche über ein Absicherungssystem „für dieses, aber auch für künftige überregionale Schadensereignisse von erheblichem Ausmaß“vor. Der Bund nimmt den Kommunen überdies die Kosten für die 8000 Einsatzkräfte der Bundeswehr, der Bundespolizei und des Technischen Hilfswerks ab, eine höhere zweistellige Millionensumme.
Soll es eine Versicherungspflicht von Hausbesitzern geben? Innenminister Seehofer berichtete, darüber sei längere Zeit im Kabinett diskutiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte eine solche Pflicht ebenso wie die Versicherungsbranche abgelehnt, Spd-kanzlerkandidat Scholz zeigte sich dagegen offen. Darüber müsse es Gespräche mit den Ländern geben. FDP-CHEF Christian Lindner schlug eine Klima-haftpflichtversicherung vor.
Was passiert bei Betroffenen mit Versicherung?
Das ist noch offen. Seehofer sagte, Bayern habe die Versicherungsleistungen 2013 von den Hilfen des Staates abgezogen. Da der Staat allen Flutopfern einen Ausgleich sämtlicher Schäden garantiert, könnte eine Schieflage entstehen.