Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Ordentliche“Lehrer und adelige Herren
PRÄPARANDENANSTALT UND HAUS GÖTTERSWICK Die Standorte 8 und 9 beleuchten die Historie der Lehrerausbildung und eines der ältesten Häuser Voerdes.
VOERDE (big) Im achten Teil unserer Serie rund um den Geschichtspfad Voerde geht es um die Präparandenanstalt. Diese befindet sich am Oberen Hilding zwischen den Hausnummern 23 und 25.
Einfach von Strandhaus Ahr der Rheinpromenade folgen und später links in die Dammstraße einbiegen und sofort wieder nach rechts in den Unteren Hilding. Danach links in die Mosterstege und dieser bis zum Oberen Hilding folgen. Es lohnt sich auch ein Ausflug mit dem ÖPNV. Mit dem 25er oder 18er Bus von Dinslaken, mit dem Bürgerbus aus Hünxe kommend (fährt zurzeit nicht), kann man in Voerdes Innenstadt die Zeit nutzen um Standort 1 – den Marktplatz – aufzusuchen, dann geht es mit dem 81er Bus weiter nach Götterswickerhamm. Hier können Familien schließlich leicht den ganzen Tag verbringen, zwischen drei Ausflugslokalen wählen und mehrere geschichtsträchtige Wahrzeichen anschauen. Und dazwischen einfach die Seele baumeln lassen mit Blick auf den „Rhein“.
Doch zurück zur Präparandenanstalt. Von 1870 bis 1882 kümmert man sich nicht nur um die schulische Bildung der Kinder, sondern auch um die Ausbildung von Lehrern. Auf Anregung des Pädagogen und Pastors Georg Schulze wird im Mai 1870 eine Schule zur Ausbildung von Hilfslehrern gegründet. Später steht die Vorbereitung zur Aufnahme ins Lehrerseminar im Vordergrund.
Die Ausbildung findet zunächst im Pastorat Haus Götterswick statt. Als der Unterrichtsraum dort zu klein wird, muss eine andere Lösung gefunden werden. Passende Gebäude werden erworben und 1877 wird die Präparandenanstalt für angehende evangelische Lehrer eingeweiht. Diese Anstalt besuchen bei gutem Abschluss Jungen und Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren, die von ihren Lehrern zu Schulgehilfen angelernt werden.
Bei guter Leistung steht später der Übergang ins Lehrerseminar offen, nach dessen Absolvierung sie mit etwa 21 Jahren als „ordentliche“Lehrer eine Anstellung erhalten. Schulgeld und Zuwendungen von Freunden und Gönnern finanzieren die Schule.
Die Gründung kann als Erfolg beschrieben werden, denn aus einem weiten Umkreis besucht eine beachtliche Zahl von Schülern die Präparandenanstalt. Unterkunft finden sie bei den Bewohnern des Ortes. Pastor Schulze wird 1877 als Direktor an das Lehrerseminar in
Rheydt berufen und plant, die Ausbildungsanstalt seinem Seminar in Rheydt anzuschließen.
Als die damalige Regierung dies im Sommer 1882 genehmigt, endet die Zeit der Präparandenanstalt in Götterswickerhamm. Von 1883 bis 1908 betreibt die Diakonie Duisburg eine Erziehungsanstalt für gefährdete Kinder in der „Anstalt“. Ab 1917 wird sie als Heim für lungenkranke Männer genutzt. Danach gingen die Gebäude in Privatbesitz über.
Von der ehemaligen Präparandenanstalt, der achten Station des Geschichtspfades, geht es zurück zum Parkplatz des Gemeindehauses. Zugleich hat man Haus Götterswick im Blick, das sich in Privatbesitz befindet. Auf einer Tafel und per Qr-code erfährt man Wissenswertes zur Geschichte eines der ältesten Häuser der Stadt. In einer Landschaft durch die der Rhein mäanderte, inmitten sumpfiger Wiesen und Wälder ließ sich der Sage nach in fränkischer Zeit ein Ritter aus freiadeligem Geschlecht nieder. Ritter Godert, leider nicht urkundlich belegt, errichtete bei der Siedlung (wick) in einer Flusskrümmung (hamm) ein Haus und sicherte es durch Wall und Graben gegen Überfälle. Daraus soll im
Laufe der Zeit der Name Götterswickerhamm entstanden sein.
Die adeligen Herren von Götterswick unterstellten sich im 14. Jahrhundert dem Grafen von Kleve. Be
Von der Erziehungsanstalt für gefährdete Kinder zum Heim für lungenkranke Männer
Jean Leo de Brauin erwarb 1806 für die Bürgermeisterei Götterswickerhamm das alte Adelshaus
sitzer und Bewohner des Hauses wechselten durch Erbschaft und Verkauf. Die Spanier zerstörten die Burg 1598, 1640 erwarb Franz von Mum zu Schwarzenstein die Ruine. Seine Witwe, Anna von Geldern, begann 1653 den Wiederaufbau des Hauses. 1668 beschädigt ein Brand das Gebäude erheblich. Das hoch verschuldete Lehngut ging 1710 an
Johann von Loen, der die Burg restaurierte. Ein an der Rückwand des Hauses eingemauerter Stein zeigt die Jahreszahl 1722. Unter napoleonischer Herrschaft entstanden neue Bürgermeistereien am Niederrhein.
Jean Leo de Brauin erwarb etwa 1806 für die Bürgermeisterei Götterswickerhamm das alte Adelshaus. Er errichtete dort das Bürgermeisteramt Götterswickerhamm und wurde selbst der erste Bürgermeister.
Doch auch de Brauin konnte die Schulden, die auf dem Grundstück lasteten, nicht zahlen und es kam 1810 zur Versteigerung. Die Bürgermeisterei zog in die Lindenwirtskate in Voerde und die evangelische Kirchengemeinde erwarb 1853 die Reste der Burganlage. Bis 2011 diente das Gebäude als Pfarrhaus, seit 2011 ist es in Privatbesitz.