Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Das Sprachrohr der Jungen
Franka Weckner und Ruszlan Biwoino sind die deutsche Un-jugenddelegation 2021. Wie sie zu dem Amt gekommen sind und welche Aufgaben ihnen dabei zufallen, erzählen sie im Interview.
Seit 2005 werden jedes Jahr zwei Jugendliche aus Deutschland als UNJugenddelegierte zur Un-generalversammlung geschickt. Auf diesem Wege sollen auch junge Stimmen die Möglichkeit bekommen, gehört zu werden. Dieses Jahr sind Franka Weckner und Ruszlan Biwoino das Sprachrohr der jungen Menschen in den Vereinten Nationen. Franka ist 23 Jahre alt und studiert in Heidelberg Rechtswissenschaften mit dem Schwerpunkt Völkerrecht. Der 21-jährige Ruszlan lebt in Mannheim und studiert dort VWL. Im Interview sprechen sie über ihr Amt und die damit verbundenen Aufgaben.
Was hat euch dazu motiviert, Jugenddelegierte beziehungsweise Jugenddelegierter zu werden?
Franka: Schon lange begeistert mich die Arbeit der Vereinten Nationen. Obwohl das Un-system komplex ist, handelt es sich um ein vielseitiges Konstrukt, das globale Zusammenarbeit fördern und Frieden schaffen kann.
Ruszlan: Das Amt ist eine Chance, um die Vereinten Nationen von innen kennenzulernen, Erfahrungen zu sammeln und sich sinnvoll einzubringen. Ich bin über mein Engagement bei UNICEF auf das „UN Youth Delegate Programme“aufmerksam geworden und schätze den Brückenschlag vom lokalen Engagement zu globalen Fragestellungen.
Welche Aufgaben fallen euch als Un-jugenddelegierten zu?
Franka: Unser Mandat ist eindeutig: Wir vertreten junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren aus Deutschland bei den Vereinten Nationen, indem wir ihre Forderungen und Wünsche bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) sowie der Sozialentwicklungskommission des Wirtschafts- und Sozialrats (SEK) vortragen.
Ruszlan: Als Teil der deutschen Delegation zur UNGA und SEK verschaffen wir den Themen Gehör, die junge Menschen in Deutschland bewegen. Wir tragen Redebeiträge vor und beraten die Delegationen, die wir begleiten. In Rücksprache mit unseren Trägerorganisationen kommen gelegentlich zusätzliche Veranstaltungsbesuche hinzu, weil einige Un-organe aktuell bemüht sind, junge Perspektiven und Menschen zu integrieren.
Wie können zwei Jugendliche die Jugend ganz Deutschlands gerecht repräsentieren?
Ruszlan: Als Un-jugenddelegierte vertreten wir bei den Vereinten Nationen als lediglich zwei von mehreren Millionen jungen Menschen in Deutschland deren Interessen. Wir betonen immer wieder, dass wir niemals die Diversität der Jugend in Deutschland werden abdecken können. Somit stellen wir uns aber auch selbst den Anspruch, möglichst sinnvolle und inklusive Beteiligungsformate in unseren eigenen Abläufen anzubieten.
Was kann Jugendbeteiligung in der UN und in Deutschland bewegen?
Ruszlan: Neben unseren Redebeiträgen bilden wir zwei Drittel der deutschen Delegation zur SEK, was zumindest personell ins Gewicht fällt. Bei den Vereinten Nationen in New York und andernorts können wir unser Mandat auch nutzen, um gegenüber anderen Delegationen, Entscheidungsträgern oder UN-MITarbeitenden für nachhaltige Beteiligungsstrukturen zu werben und Themen zu platzieren, die die Jugend in Deutschland bewegen.
Franka: Messbar ist unser Einfluss aber nicht. Wir versuchen, Bericht zu erstatten, wo wir etwas erreichen konnten und weshalb unser Amt wichtig ist. Passend zu dieser Frage widmet sich eine Forschungsgruppe der HU Berlin unter der Leitung von Dr. Hannah Birkenkötter und Julian Hettihewa der Fragestellung, welchen Einfluss die Reden von UNGAJugenddelegierten haben.
Wieso sollten junge Menschen gerade bei Themen wie internationale Sicherheit oder Friedenssicherung mitreden?
Franka: Wir müssen uns regelmäßig vor Augen führen, dass junge Menschen ein integraler Bestandteil einer Gesellschaft sind und in vielen Teilen der Welt den Großteil der Bevölkerung ausmachen. Wenn die Vereinten Nationen den Anspruch erheben, für alle Menschen zu handeln, dann müssen sie alle Menschen und ihre Perspektiven effektiv in den Prozess einbeziehen, auch die Jugend. Gleichzeitig müssen wir auf der formellen Seite miteinbezogen werden, gerade weil wir informell schon so viel leisten. Es gibt diesen Spruch: „Nothing about us without us.“Ich glaube, das beschreibt den Anspruch junger Menschen ganz gut.
Wie können sich junge Menschen für die Vereinten Nationen engagieren?
Franka: Hierfür ist unser Träger, die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, die DGVN, eine gute Anlaufstelle. Sie liefert ausführliches
Informationsmaterial über die Arbeit der Vereinten Nationen mit Fokus auf Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung.
Ruszlan: Ich würde außerdem dazu raten, sich bei Un-sonderorganisationen wie UNESCO, Un-programmen wie UNICEF und anderen UNInstitutionen wie UN-WOMEN darüber zu informieren, was diese so an Möglichkeiten bereithalten. Je nach Alter, Qualifikation und Verfügbarkeit lohnt es sich außerdem, regelmäßig einen Blick auf die Ausschreibungen des Un-freiwilligenprogramms UNV zu werfen.
Franka: Weil das Un-system so komplex, verwoben und weitreichend ist, berühren die Vereinten Nationen oftmals Bereiche, die uns nicht sofort in den Sinn kommen. Es lohnt sich also, das System der Vereinten Nationen anzuschauen und dann zu recherchieren, wo die persönlichen Interessen und die Möglichkeiten seitens der Vereinten Nationen zusammentreffen.
Solltet ihr weitere Fragen an Franka und Ruszlan haben oder sie zu euch in den Verein oder die Ortsgruppe einladen wollen, dann könnt ihr sie auf Instagram unter @jugenddelegierte finden oder unter: www.jugenddelegierte.de