Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Mathis Tigler träumt von Edelmetall
Der Voerder Sitzvolleyball-nationalspieler hofft bei den Paralympischen Spielen in Tokio auf eine Medaille für das deutsche Team. Zum Auftakt geht es jedoch gegen den großen Favoriten Iran – und einen der größten Menschen der Welt.
VOERDE Es ist wie so häufig bei einem Athleten vor dem nächsten sportlichen Großereignis: die Vorfreude ist riesig, der Stress aber mindestens genauso. Am Donnerstag soll Mathis Tigler mit seinen Mannschaftskameraden aus dem deutschen Sitzvolleyball-nationalteam in Frankfurt in den Flieger nach Tokio steigen. Bevor der Voerder im Land der aufgehenden Sonne seine zweiten Paralympischen Spiele nach Rio 2016 erleben kann, gibt es allerdings noch einiges zu erledigen.
Am Montagnachmittag stand vor dem Vereinstraining in Leverkusen der erste von zwei geforderten PCRTests an. Und den musste Tigler unbedingt am Flughafen in Düsseldorf machen, weil die japanischen Gastgeber nur wenige Teststellen akzeptieren. „Wer nicht zweimal negativ getestet wurde, der kommt überhaupt nicht in den Flieger“, weiß der 25-Jährige. Bei der Ankunft in Tokio muss gleich wieder ein PCRTest durchgeführt werden. Bis das negative Ergebnis aus dem Labor da ist, dürfen die Sportler das Flughafengelände überhaupt nicht verlassen. „Da werden wir dann wohl noch einige Stunden warten müssen“, fürchtet der Voerder.
Trotz aller Unannehmlichkeiten, die Corona für die Aktiven mit sich bringt, ist Tigler festen Willens, die Paralympics zu genießen: „Es ist und bleibt das größte Event für uns, und wir können froh sein, dass es stattfindet. Ich bin schon sehr gespannt auf das Olympische Dorf. Im Vordergrund steht aber sowieso ganz klar der sportliche Wettkampf“, sagt der Lehramtsstudent.
Sein Team, das beim Qualifikationsturnier an der Sportschule Wedau in Duisburg Anfang Juni das Ticket für Tokio löste, hat nach Platz sechs in Rio de Janeiro („Das war damals ziemlich enttäuschend“) eine Medaille ins Visier genommen. „Ein durchaus realistisches Ziel“, gibt sich Tigler, der mit gerade einmal 17 Jahren sein Debüt in der A-nationalmannaschaft feierte, selbstbewusst.
Nach den ersten Trainingstagen in Japan und der Eröffnungsfeier am 24. August wartet im ersten Gruppenspiel am 28. August (3.30 Uhr MEZ, aber wohl noch ohne Kameras in der Halle) allerdings der große Favorit, amtierende Weltmeister und Paralympics-sieger von Rio auf die Deutschen. Im Iran wird Sitzvolleyball professionell betrieben, in seinen Reihen hat das Team mit dem 2,46 Meter großen Morteza Mehrzad einen der größten Menschen der Welt. „Der ist praktisch unblockbar“, sagt Tigler, „aber wenn man selbst den Ball hat und auf ihn spielt, bekommt er Probleme.“Vielleicht sei es gut, den Iranern gleich zum Auftakt zu begegnen, also ohne großen Erwartungsdruck ins paralympische Turnier zu starten, meint der Voerder.
Die weiteren Gruppengegner des deutschen Teams sind China am 30. August und Brasilien am 31. August. Beide Partien beginnen um 7 Uhr deutscher Zeit und sollten auch hierzulande per Livestream zu sehen sein. China sei nicht leicht einzuschätzen, verfüge aber wohl über eine sehr homogene Truppe. „Wenn wir gut spielen, können wir sie aber auch schlagen“, sagt Tigler. Für den dritten Gegner Brasilien gelte das genauso. Holt Deutschland die zwei angepeilten Siege, ist das Halbfinale aller Voraussicht nach bereits erreicht. „Und dann wäre die Medaille schon ganz nah“, sagt der Voerder – und Platz sechs in Rio auf jeden Fall übertroffen.