Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kiespläne: Stadt Rheinberg erwägt Klage
Bürgermeister Dietmar Heyde lehnt die Pläne des RVR ab. Es dürfe keine weiteren Abgrabungen im Stadtgebiet geben, fordert er.
RHEINBERG Man muss bei Rheinbergs Bürgermeister Dietmar Heyde nicht lange bohren, um herauszufinden, was er von der aktuellen Regionalplanänderung hält. „Gar nichts“, sagt er entschlossen. Die Nachricht, dass in der Stadt weitere 220 Hektar Fläche ausgekiest und zu Baggerlöchern werden sollen, hat auch ihn förmlich umgehauen. „Wir hatten noch gar nicht so früh mit der Bekanntgabe gerechnet“, gesteht der Verwaltungschef. „Wir hatten das erst für September auf dem Plan.“
„Der Landesentwicklungsplan sollte ganz schnell im nächsten Baggerloch versenkt werden“Dietmar Heyde Bürgermeister von Rheinerg
Umso heftiger habe er die Nachricht empfunden. Mehr als 1100 Hektar Abbaufläche im Kreis Wesel, davon der allergrößte Teil linksrheinisch – das lasse nur einen Schluss zu. Heyde: „Bei dieser Dimension kann ich das Vorhaben nur klar ablehnen.“Er sei froh, dass der Rat bereits vor einiger Zeit eine Resolution mit der Forderung, in Rheinberg nichts mehr auszukiesen, verabschiedet habe; diese Resolution müsse man sicher noch einmal verschärfend nachbessern, sagt der Bürgermeister. Er sei froh darüber, dass es in der Politik einen überparteilichen Konsens gebe. Dietmar Heyde: „Und ich bin geneigt, auch auszuloten, ob wir als Stadt auf dem Wege einer Klage etwas erreichen können.“
220 Hektar in Alpsray, Millingen, Vierbaum, Budberg und an der Alten Landstraße – das entspreche einer Fläche von 300 Fußballfeldern. „Das kann nicht sein“, so Heyde. „Rheinberg hat seinen Solidarbeitrag schon lange geleistet, was Auskiesungen angeht. Rund 20 Prozent des gesamten Stadtgebietes sind Auskiesungsflächen. Das kann sich ja kein Mensch mehr vorstellen.“Rheinberg gehört zum Regionalverband Ruhr (RVR), „wir wollen aber nicht der Bedienungsladen für das Ruhrgebiet sein“.
Die Fehler seien bereits im inzwischen rechtsgültigen Landesentwicklungsplan gemacht worden, so der Bürgermeister – „und da steht die schwarz-gelbe Landesregierung in der Verantwortung“. Dass die Planungssicherheit zum Abbauen für die Kiesindustrie von 20 auf 25 Jahren angehoben wurde („wohlwissend, dass noch eine Klage des Kreises aussteht“), sei ein falsches Signal gewesen. Je länger der zeitliche Horizont für die Kiesindustrie sei, desto geringer sei der Anreiz, sich einem Innovationswandel zu unterziehen, glaubt Heyde. Will sagen: Solange die Unternehmen grünes Licht bekommen, noch 25 Jahren abgraben zu dürfen, beschäftigten sie sich nicht ernsthaft mit Recyclingmaterial und -methoden. Heyde: „Der Landesentwicklungsplan sollte in dieser Hinsicht ganz schnell im nächsten Baggerloch versenkt werden.“
Der Bürgermeister meldet ökologische Bedenken an. Zumindest einige Kiesunternehmen rekultivierten die ausgekiesten Flächen sehr unbefriedigend. Die Heidelberger Kieswerke etwa seien dafür bekannt. An der Alten Landstraße könne man das sehen: Dort seien die Uferböschungen so steil, dass man mit den Flächen nachher nichts mehr anfangen könne. Und: Jede Fläche, die ausgekiest werde, stehe als landwirtschaftliche Fläche nicht mehr zur Verfügung.
Dietmar Heyde ist als Bürgermeister zur Neutralität verpflichtet. Er ist aber auch Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Und seine Partei lehnt Auskiesungen ab. Einen Widerspruch sieht Heyde darin nicht. „Ich habe immer gesagt, dass ich auch ein politischer Bürgermeister sein will“, betont er. „Und außerdem denke ich bei den Auskiesungen an die Stadt, an die Menschen in der Stadt und an die Natur – und nicht an meine Partei.“Da quäle ihn ganz gewiss kein schlechtes Gewissen. Heyde: „Hier geht es um Rheinbergs Zukunft.“
Grundsätzlich sei er niemand, der sich Auskiesungen generell verschließe. „Natürlich muss der Kies irgendwo herkommen. Und wir haben hier guten Kies. Aber das kann nicht ewig so weitergehen“, sagt Heyde. Ein Problem habe er damit, dass die Kiesindustrie den Absatz nicht transparent darstelle. Heyde: „Die genehmigten Abbaumengen orientieren sich am Bedarf der Unternehmen, die sie beantragen. Und es muss endlich mal der Nachweis erbracht werden, wie hoch der Exportanteil ist.“Erst wenn der Druck auf die Kiesunternehmen deutlich erhöht werde, da ist sich Rheinbergs Bürgermeister sicher, werde ernsthaft über Alternativen nachgedacht.