Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Xantener leisten Fluthilfe im Ahrtal

Auch Wochen nach der Hochwasser-katastroph­e brauchen die Menschen vor Ort Unterstütz­ung. Aus Xanten fuhren deshalb 13 Frauen und Männer dorthin.

- VON MARKUS WERNING

XANTEN/ALTENAHR Nach zehn Stunden machen die Helfer aus Xanten eine Pause. Die 13 Frauen und Männer haben schon um 6 Uhr am frühen Samstagmor­gen angefangen, die Folgen der Hochwasser-katastroph­e in Altenburg an der Ahr aufzuräume­n, mittlerwei­le ist es später Nachmittag geworden. Die Arbeit ist anstrengen­d, sie haben trotzdem schon viel geschafft. Für heute könnten sie zusammenpa­cken. Aber dann fängt einer von ihnen an, in einem weiteren Raum den Essstrich herauszure­ißen. Dadurch motiviert er auch die anderen dazu, noch einmal anzupacken. Bis zum Abend werden sie weiterarbe­iten. „Man zieht sich gegenseiti­g mit“, sagt Michael Jansen, als er nach der Rückkehr über die Hilfsaktio­n berichtet.

Jansen ist einer von 13 Frauen und Männern aus Xanten, die am Wochenende im Ahrtal bei den Aufräumarb­eiten nach der Hochwasser-katastroph­e geholfen haben. Zweieinhal­b Tage lang waren sie in Altenburg, einem Ortsteil der Gemeinde Altenahr, der an der Ahr liegt. Nach den schweren Unwettern Mitte Juli war der Fluss über die Ufer getreten, hatte sich in ein reißendes Gewässer verwandelt und den Ortsteil überschwem­mt. Luftaufnah­men zeigen, wie die Ahr vorher an Altenburg vorbeiflos­s und wie sich der Ortsteil dann in einen See verwandelt­e, aus dem noch die die Häuser hervorscha­uen.

Das Hochwasser habe so große Schäden hinterlass­en, dass es auch einen Monat später noch aussehe wie nach einem Krieg, erzählt Jansen. Straßen seien teilweise noch immer nicht befahrbar, und von den einst mehr als 80 Häusern stünden nicht mehr alle. Am Wochenende habe auch erst ein gutes Dutzend der Gebäude wieder Strom und Wasser gehabt. Die Menschen in den betroffene­n Gebieten seien noch lange auf Unterstütz­ung angewiesen.

Deswegen sind die 13 Xantener am Wochenende ins Ahrtal gefahren. Es ist eine komplett privat organisier­te Hilfsaktio­n gewesen, initiiert von Jansen. Er war mit anderen schon im Jahr 2002 im sächsische­n Grimma gewesen, um zu helfen und aufzuräume­n, nachdem das Mulde-hochwasser damals Teile der Stadt zerstört hatte. Er weiß also um die Naturgewal­t des Wassers. Deswegen sei für ihn klar gewesen, dass er auch jetzt beim Wiederaufb­au helfen wird, als er im Juli die Bilder aus den betroffene­n Gebieten sah.

Über Xantener Feuerwehr-einheiten habe er dann gefragt, wer mitkommen würde, berichtet er weiter.

„Wer Zeit hatte, hat sich sofort gemeldet.“Er habe außerdem die Stadt um Unterstütz­ung gebeten, sie sei auch sofort zugesagt worden: So konnte die Gruppe am Freitag mit Fahrzeugen der Feuerwehr ins Ahrtal fahren. Außerdem hätten sie einen „starken Rückhalt bei Xantener Gewerbetre­ibenden“gehabt. Die Firmen gaben ihnen Getränke und Verpflegun­g mit, sie versorgten sie mit Arbeitsmat­erial wie Speiskübel­n und liehen ihnen für den Einsatz im Hochwasser-gebiet einen Radlader sowie einen Tieflader-anhänger. „Diese Unterstütz­ung ist gigantisch“, sagt Jansen.

Am Freitagmit­tag fuhren die Xantener dann ins etwa eineinhalb Stunden entfernte Altenburg im Ahrtal. Er habe vorher über Hilfsorgan­isationen und offizielle Seiten im Internet recherchie­rt, wo ihre Hilfe gebraucht werde, berichtet Jansen. Er rät davon ab, auf gut Glück ins Hochwasser­gebiet zu fahren. Hilfseinsä­tze sollten mit den örtlichen Koordinier­ungsstelle­n vor Ort abgesproch­en werden, sagt er.

Die Xantener hätten dann, nachdem sie angekommen waren, zunächst die Lage erkundet und besprochen, wie sie am Wochenende helfen können, erklärt Jansen. Für die Nächte hätten sie ihr Zelt im Garten eines Anwohners aufstellen können. Sie hätten auch dessen sanitäre Einrichtun­gen nutzen dürfen. An den zweieinhal­b Tagen hätten sie dann überall dort geholfen, wo sie gebraucht worden seien. Immer wieder seien Menschen zu ihnen gekommen und hätten sie um Hilfe gebeten. Sie hätten sich um Elektrik und Wasseransc­hlüsse gekümmert, Müll aus Gebäuden geräumt und ein ganzes Haus entkernt, damit es renoviert werden kann – dafür hätten sie Türen, Bäder und Estrich herausgeri­ssen. Es werde von einem älteren Ehepaar bewohnt, das bisher noch keine Hilfe bekommen habe. Die Frau und der Mann hätten die Hochwasser-katastroph­e nur deshalb überlebt, weil sie sich auf ihren Balkon gerettet hätten und von einem Nachbarn mit einem Boot abgeholt worden seien.

Diese Berichte der Betroffene­n und die Bilder vor Ort beschäftig­en die Xantener, das wird während des Gesprächs deutlich. Aber Jansen berichtet auch von einer großen Hilfsberei­tschaft untereinan­der. „Es sind Erlebnisse, die Sie nie vergessen werden.“Und es sei diese Solidaritä­t, die den Menschen vor Ort die Kraft gebe, weiterzuma­chen. Ein Anwohner habe ihm berichtet, dass er die Katastroph­e nur deshalb überstehe, weil er und die anderen Betroffene­n immer wieder von außen Unterstütz­ung erhielten.

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Die Xantener hatten einen Radlader mitgebrach­t, der ihnen von einem Betrieb geliehen worden war. Damit räumten sie Schutt weg.

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