Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Nrw-innenminister Reul: Rechtsstaat ist kein teilbares Gut
Viel Partei-prominenz bei der CDU in Sonsbeck: Nrw-innenminister Herbert Reul sprach über die AFD, kriminelle Clans und den Hambacher Forst.
SONSBECK Es ist Wahlkampfzeit, auch fernab der politischen Machtzentralen. So gab sich bei der Jahreshauptversammlung des Cdu-gemeindeverbandes Sonsbeck reichlich Partei-prominenz ein Stelldichein. Neben Landrat Ingo Brohl und der Parlamentarischen Staatssekretärin im Berliner Gesundheitsministerium Sabine Weiss war auch Nrw-innenminister Herbert Breul gekommen. Darüber freute sich Bürgermeister Heiko Schmidt als ehemaliger Polizist besonders: „Ich weiß, dass Sie bei der Polizei anerkannt sind, weil sie sich unkompliziert einsetzen.“
Bevor Reul das Wort ergreift, macht Sabine Weiss deutlich, dass der Bundestagswahlkampf an Fahrt aufnimmt. Sie ist optimistisch. Die Dinslakenerin hält die 30-Prozent-marke für die Union für durchaus realistisch: „Wir sind die einzige Partei, die sich ganz klar von rechts und links abgegrenzt hat. Alle anderen gehen mit jedem ins Bett, wenn es ihnen passt.“
Herbert Reul stellt zunächst Nähe zum Publikum her. Er deutet auf Sonsbecks Polizisten Jürgen Woge, früher für ihn im Personenschutz aktiv: „Bei eurem Dorfsheriff habt ihr Glück, dass ich den abgegeben habe.“Seinen Vortrag beginnt er besonnen, fragt, warum das Vertrauen in die Volksparteien so weggerutscht sei und schiebt die Antwort gleich hinterher: „Wir geben den Menschen nicht mehr das Gefühl, der Staat hilft uns. Dass wir die AFD haben, sind wir selber Schuld.“
Das vermeintliche Erfolgsrezept der Partei am rechten Rand bringt Reul so auf den Punkt: „Sie geben einfache Antworten auf komplizierte Fragen. Doch die gibt es nicht. Es klingt verlockend, aber der Kater kommt hinterher, wenn es nicht geklappt hat.“Vertrauen lasse sich nur zurückgewinnen, wenn man das Thema innere Sicherheit ernst nehme. Probleme klar benennen und sie im nächsten Schritt lösen, sei der richtige Ansatz.
Reul nennt sein rigoroses Vorgehen gegen kriminelle Clans als Beispiel: „Ich habe erst mal gesagt:
Ja, die gibt es. Da waren die Menschen überrascht. Früher hat die Politik das Problem verdrängt, weil sie Angst hatte, Leute zu stigmatisieren.“Mit groß angelegten Razzien und dem Zusammenwirken von Polizei, Ordnungs- und Gesundheitsämtern habe sich schnell der gewünschte Erfolg eingestellt.
„Die Politik der tausend Nadelstiche hat die Clans im Ruhrgebiet in den Wahnsinn getrieben“, so Reul.
Was den Innenminister in Rage bringt, ist zweierlei Maß beim Rechtsbewusstsein: „Bei der Clan-bekämpfung habe ich viel Beifall bekommen. Als ich das Gleiche im Hambacher Forst gemacht habe, gab es kein Verständnis. Dabei gab es dort Rechtsbruch an jeder Ecke.“Es gehe doch um den Wald und das Klima, habe es selbst aus dem bürgerlichen Lager geheißen. Reul: „Nein, auch da müssen wir den Rechtsstaat schützen. Es gibt keine Ausreden. Der Wohlstand in unserem Land ist kein Wunder. Er basiert auf Rechtsstaatlichkeit und einer stabilen Gesellschaft.“
Sein Ministerium habe die Investitionen in Personal und Ausstattung vervierfacht. Die vergleichsweise hohe Kriminalitätsrate sei eine Konsequenz davon: „Wenn man im Schmutz gräbt, findet man auch was.“Reul ist jetzt richtig in Fahrt, nennt 18.000 tätliche Angriffe auf Polizisten alleine im vergangenen Jahr und prangert den Gleichmut an, mit dem die Bevölkerung das hinnimmt: „Bei allem Respekt vor Umweltschützern: Wenn bei uns im Land drei Schnecken überfahren werden, gibt es einen Fackelzug. Aber wenn 18.000 Polizisten im Einsatz angegriffen werden, kommt kein Aufschrei.“Reul und sieht nur einen Ausweg: „Wir müssen es wieder hinkriegen, in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Rechtsstaat ein hohes Gut ist.“Bei der Verabschiedung des Ministers sorgt Sonsbecks CDU-CHEF Matthias Broeckmann für Lacher: „Mit Schnecken haben wir kein Problem, wir haben einen Biber.“