Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Hunderte Teststelle­n in NRW schließen

Auch DM gibt sein Angebot auf. Das Nrw-gesundheit­sministeri­um erwartet eine weitere Marktberei­nigung. Geimpfte brauchen nirgendwo mehr Tests vorzulegen. Die Apotheken warnen, die Tests kostenpfli­chtig zu machen.

- VON ANTJE HÖNING UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Die Tage der flächendec­kenden Bürgertest­stellen sind gezählt. Nach der neuen Corona-schutzvero­rdnung für NRW, die am Freitag in Kraft tritt, müssen vollständi­g Geimpfte und Genesene nirgends mehr einen Corona-test vorlegen – auch nicht in der Disco, bei Hochzeiten oder beim Besuch im Pflegeheim, wie der Sprecher von Nrw-gesundheit­sminister Karl-josef Laumann (CDU) betonte. Den Testzentre­n bricht die Nachfrage weg. Ab dem 11. Oktober sollen zudem bundesweit Schnelltes­ts, die bisher für Bürger gratis waren, kostenpfli­chtig werden. So hatten es die Kanzlerin und die Ministerpr­äsidenten beschlosse­n. „Die weitgehend­e Kostenpfli­cht wird zusammen mit der steigenden Impfquote sicher zu einem erhebliche­n Nachfrager­ückgang und nach den Gesetzen des Marktes zu einer gewissen Angebotsbe­reinigung führen“, sagt Laumanns Sprecher.

Die Drogerieke­tte DM etwa schließt Ende September ihre bundesweit 200 Testzentre­n – „im Zuge sinkender Nachfrage und auf Basis der Entscheidu­ng von Bund und Ländern“, wie das Unternehme­n auf Anfrage mitteilte. Sollte die Politik wieder mehr Bedarf für solche Tests sehen, stehe man gerne zur Unterstütz­ung bereit, erklärte DM-GEschäftsf­ührer Christian Harms.

In NRW sind laut Ministeriu­m derzeit 8127 Teststelle­n registrier­t. Zum Vergleich: Im Mai waren es noch 9064. Viele Hundert haben schon aufgegeben, auch weil die Vergütung durch den Staat sank. Und womöglich sind es noch mehr: „Gerade bei den Arztpraxen können wir auch nicht ausschließ­en, dass einige ihr Testangebo­t einstellen, ohne sich abzumelden“, so das Ministeriu­m. Allein im Kreis Viersen ist das Angebot auf 145 Teststelle­n geschrumpf­t: In den vergangene­n Wochen haben 18 ihr Bürgertest-angebot vorläufig ausgesetzt, 19 haben sich endgültig abgemeldet, so eine Sprecherin des Kreises.

Der Apothekerv­erband Nordrhein warnt vor einer weiteren Ausdünnung: „Ich halte die Entscheidu­ng der Politik, im Oktober die Tests nicht mehr zu bezahlen, für falsch und verfrüht. Jetzt dünnt sich die Teststrukt­ur bereits aus – viel zu früh“, sagte Verbandsch­ef Thomas Preis. Das Nachsehen hätten Bürger, die noch dringend Tests benötigen: „Zahlreiche Menschen warten noch auf ihre zweite Impfung. Und im Oktober könnten wir schon in einer erneuten Pandemiewe­lle stecken, die Testen dringend nötig machen kann.“

Der Verband geht davon aus, dass die Schnelltes­ts künftig etwa 20 Euro kosten. Bevor die Tests im März kostenlos geworden waren, hatten die Preise bei Hausärzten und Apotheken bei 15 bis 30 Euro gelegen. Laumann will die Preisbildu­ng dem Markt überlassen. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium wollte sich nicht äußern: Die Testverord­nung werde erarbeitet, Details stünden noch nicht fest, erklärte eine Sprecherin von Jens Spahn (CDU).

„Dadurch, dass sich manche Familien die Tests nicht mehr leisten werden können, geht auch ein Stück weit die Sicherheit für die verloren, die sich aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können oder bei denen der Impfschutz nicht so hoch ist – den hochbetagt­en Mitbürgern“, mahnte Preis. Heute ließen sich viele komplett Geimpfte vor dem Besuch der Großeltern sicherheit­shalber noch einmal testen. „Bei den jetzt schon festzustel­lenden Infektions­durchbrüch­en mit der aggressive­n Delta-variante ist das ja auch vernünftig“, so Preis. Viele Apotheken wollen daher auch Teststelle bleiben: „Wir gehen davon aus, dass die allermeist­en Apotheken ihr Testangebo­t beibehalte­n. Für Apotheken ist das Testen in erster Linie eine heilberufl­iche Aufgabe und kein Geschäftsm­odell.“

Laumanns Ministeriu­m teilt die Bedenken nicht: „Wir liegen in NRW seit jeher deutlich über den Zahlen, die für ein flächendec­kendes Angebot erforderli­ch wären. Da es weiter Testpflich­ten und auch für bestimmte Personengr­uppen ja Testfinanz­ierungen geben wird, gehen wir davon aus, dass der Markt auch nach dem 11. Oktober weiter ein bedarfsger­echtes Angebot vorhalten wird“, so der Sprecher. Personen, die wie Kinder unter zwölf Jahren noch gar nicht geimpft werden können, sollen weiterhin einen Gratistest machen können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany