Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Das auffällig häufige Versagen der Politik

- VON BIRGIT MARSCHALL

Der unterschät­zte Flüchtling­sansturm 2015 und 2016, das Übersehen des Bandenbetr­ugs beim einstigen Vorzeigeko­nzern Wirecard, häufige Fehler im Corona-krisenmana­gement, der unterlasse­ne Klima- und Katastroph­enschutz, wie er sichtbar wurde bei der Flut diesen Sommer, nun das Im-stich-lassen derer in Afghanista­n, die Deutschlan­d geholfen haben – die Vielzahl der Irrtümer und Versäumnis­se der Bundesregi­erung in den vergangene­n Jahren fällt auf.

Es stimmt zwar, dass Politiker auch nur Menschen sind. Die Probleme in der Welt sind zudem komplexer geworden. Politiker können und müssen sich auch irren dürfen, um im Trial-and-error-verfahren bestmöglic­he Problemlös­ungen zu finden. Viele Ereignisse der vergangene­n Jahre, die zu Krisen führten, hatten tatsächlic­h geopolitis­che Ursachen, sie waren also nicht hausgemach­t, wie Bundeskanz­lerin Angela Merkel bei ihrer letzten Sommer-pressekonf­erenz vor einigen Wochen betonte. Und dennoch: Die frappieren­de Fülle der Fehler in den letzten Jahren Merkels lässt sich nicht einfach weglächeln oder vertuschen. Den Bürgern entgehen sie nicht mehr, vor allem nicht angesichts der nahenden Bundestags­wahl. Die Regierung und vor allem das Parlament müssen in der kommenden Legislatur­periode zufriedens­tellende Antworten auf diese wichtige Frage finden: Steckt hinter der Häufung der Fehler ein strukturel­les Versagen der Politik?

Eine Spätfolge des unbewältig­ten Traumas der Flüchtling­skrise von 2015 und 2016 ist heute die fahrlässig ignorante Haltung der Bundesregi­erung gegenüber den Ortskräfte­n in Afghanista­n: Aus Angst vor falschen Signalen an die afghanisch­e Bevölkerun­g, die sich nach Deutschlan­d aufmachen könnte, unterließ es die Bundesregi­erung, Ortskräfte und Aktivisten, die nun um ihr Leben bangen, rechtzeiti­g auszuflieg­en. BERICHT DER MINISTER UND DIE „VERDAMMTE PFLICHT“, POLITIK

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