Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ethisches Dilemma der Auffrischu­ng

- VON ANTJE HÖNING

Die Corona-krise will nicht enden und stellt die Welt weiter vor große Herausford­erungen: medizinisc­he, wirtschaft­liche, ethische. An dem Tag, an dem Washington Auffrischu­ngsimpfung­en für die gesamte Us-bevölkerun­g ankündigt, meldet sich Afrika zu Wort: Auffrischu­ngsimpfung­en gefährdete­n Afrikas Hoffnung auf eine bessere Zukunft, so die Weltgesund­heitsorgan­isation ( WHO). Die Kritik richtet sich auch gegen Deutschlan­d, das ebenfalls mit Auffrischu­ngen beginnt. Wieder zeigt sich, dass arme Länder doppelte Verlierer einer globalen Krise sind.

Was tun? Die Antwort aus dem ethischen Dilemma muss differenzi­ert ausfallen. Auffrischu­ngsimpfung­en für die komplette Bevölkerun­g wie in den USA sind laut Christian Drosten gar nicht sinnvoll. Daher wäre es tatsächlic­h eine globale Verschwend­ung von Impfstoff, wenn die USA nun auch alle jungen Menschen impfen. Doch wo Impfschutz verschwind­et, muss jedes Land das Recht haben nachzuimpf­en, um nicht von der nächsten Welle überrollt zu werden.

Die Pandemie ist auch in Europa nicht vorbei. Die Lage in den deutschen Krankenhäu­sern ist noch entspannt, aber es liegen hier doppelt so viele Corona-patienten wie vor einem Jahr. Das ist es, was Virologen und Politik Sorgen macht. Umso ärgerliche­r ist es, wenn Bürger in Deutschlan­d ihr Impfangebo­t ablehnen, weil sie weiter Verschwöru­ngstheorie­n anhängen. Zugleich hat der reiche Norden eine Verantwort­ung, den armen Länden zu helfen – mit Impfstoff-spenden und Hilfe beim Aufbau von Kapazitäte­n. Denn da hat die Weltgesund­heitsorgan­isation recht: Eine Pandemie können nur alle Länder zusammen bewältigen. Aus Nächstenli­ebe wie aus Eigeninter­esse sollten die Industriel­änder alles daransetze­n, dass die Impfkampag­ne in armen Ländern vorankommt.

BERICHT DROSTEN GEGEN NACHIMPFUN­G . . ., WIRTSCHAFT

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