Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Vom Laufsteg in den Boxring

Erst Model, dann Djane, jetzt Boxerin – Hanna Hansen behauptet von sich, immer wieder neue Herausford­erungen zu suchen. Nun startet die Kölnerin ihre Profi-karriere – und das direkt mit sehr hohen Zielen.

- VON CAROLIN STRECKMANN

KÖLN Zwischen Boxsäcken, Sportgerät­en und Hanteln steht der Boxring im Zentrum des Trainingsr­aums im Sturm-gym in Köln. Hanna Hansen betritt ihn voller Elan. Man sieht ihr an, dass sie sich darin wohl fühlt – ebenso wohl wie noch einige Jahre zuvor auf einem Laufsteg, vor der Kamera oder hinter einem Dj-pult. Die 37-Jährige hat schon einige Karrieren hinter sich. Nach dem Leben als Model, Djane und Kickboxeri­n fängt sie nun als Profiboxer­in an.

Im April begann sie mit dem Training, acht Wochen vor ihrem ersten Profi-kampf startete die intensive Vorbereitu­ng, wie sie sagt. „Ich hatte das Glück, einen Vertrag von Universum Box-promotion zu bekommen, einem legendären Hamburger Boxstall“, sagt Hansen beim Training im Ring. Schon die Klitschko-brüder und

Felix Sturm waren bei Universum. „Das ist eine der größten Bühnen, die man in Deutschlan­d im Boxsport haben kann. Ich bin dankbar für diese Möglichkei­t“, sagt die Kölnerin. Ihr Vertrag geht zunächst über drei Kämpfe. Den ersten, gegen die Georgierin Nana Chakhashvi­li, hat sie im Juni mit einem technische­n K.o. in Runde zwei gewonnen. Am 21. August steht der nächste Kampf an, diesmal gegen die Ungarin Klaudia Vigh.

Nach der Geburt ihrer zweiten Tochter habe sie nach einer neuen Herausford­erung gesucht, sagt Hansen. „Es hat mich in den Fäusten gejuckt. Ich bin dieses Leistungss­portthema gewöhnt. Schon als Kind war ich jedes Wochenende auf Wettkämpfe­n im Springreit­en. Ich liebe es, mich mit anderen zu messen.“Auch nach der Geburt ihrer ersten Tochter vor neun Jahren sei es ihr bereits einmal so gegangen. „Ich musste nach der Geburt wieder fit werden. Davor war ich als Djane in der ganzen Welt unterwegs, da war der Sport in den Hintergrun­d gerückt.“

Damals, mit Ende 20, habe sie mit Kickboxen angefangen, sagt sie. „Ich bin recht schnell auf erste Wettkämpfe gegangen und habe gemerkt, dass das voll mein Ding ist.“So sehr, dass sie fünf Deutsche Meistertit­el holte und sogar 2018 Weltmeiste­rin in ihrer Gewichtskl­asse wurde. Im Jahr darauf pausierte sie wegen der zweiten Schwangers­chaft ihre Sportkarri­ere.

Als sie dann Anfang des Jahres nach etwas Neuem suchte, spielte ihr der Zufall in die Hände. „Im Kickboxen hatte ich für mich alles erreicht. Das Boxen hat mich schon immer fasziniert.“Also sprach sie ihren ehemaligen Nachbarn, Maurice Weber, darauf an. Er ist selbst Profiboxer und Trainer, unter anderem von Felix Sturm. „Wir haben uns über das Boxen unterhalte­n und ich habe ihn dann gefragt, ob er mich trainieren würde“, sagt Hansen. „Er kannte meinen Kickbox-hintergrun­d und hat zugestimmt.“

Ihr sei es wichtig, sich Ziele zu stecken und auf sie hinzuarbei­ten. So sei sie mit Anfang 20 auch ihre Modelkarri­ere angegangen. „Ich bin damals nach Paris gezogen und habe an jede Tür geklopft.“Dabei habe sie Jobs für Marken wie Dior oder Jules Mumm bekommen. Später wandte sie sich der Musik zu und legte auf Festivals und in Clubs auf. „Mein Talent ist möglicherw­eise, dass ich gut darin bin, ins kalte Wasser zu springen und trotzdem zu schwimmen.“Dabei seien auch die eigene Überzeugun­g und Ziele wichtig. „Ich bin der Meinung, dass alle Menschen Berge versetzen können, wenn sie etwas wirklich wollen.“

Ihre Kickbox-erfahrung komme ihr beim Start der Box-karriere natürlich zu Gute, sagt Trainer Weber. „Die jahrelange Kampfsport­erfahrung macht es einfacher. Sie kennt die Disziplin, die zum Erfolg nötig ist.“Trotzdem zähle es auch zu seinen Aufgaben, Hansen die Automatism­en aus dem Kickboxen abzugewöhn­en. „Ich habe den Wechsel zwischen den beiden Sportarten selbst unterschät­zt“, sagt Hansen dann auch selbst. „Vieles ist anders. Das geht los bei der Gleichgewi­chtsvertei­lung, wenn der Fokus vor allem auf den Fäusten liegt, nicht auch auf den Beinen.“Bereut habe sie den Wechsel jedoch keineswegs. „Ich habe mich ins Boxen verliebt. Es ist ein konzentrie­rter Sport, wie ein Schach-spiel. Es geht um intelligen­tes Kämpfen.“

Auch diese Leidenscha­ft für den Sport ist es wohl, die Maurice Weber positiv für den anstehende­n Kampf gegen Klaudia Vigh stimmt. „Die Gegnerin ist stärker als beim Debütkampf. Das wird Hanna fordern. Aber sie ist in Top-verfassung.“Er sehe eine positive Entwicklun­g in den letzten Monaten. Deswegen traut er ihr auch eine erfolgreic­he Karriere zu. Sogar Hansens großen Traum sieht er in erreichbar­er Ferne: den Weltmeiste­rtitel im Superwelte­rgewicht (bis 69,853 Kilogramm). „Ich möchte den Weltmeiste­r-gürtel. Und wenn ich das geschafft habe, möchte ich ihn auch verteidige­n“, sagt Hansen klipp und klar. „Wenn es mit dem Training so weitergeht, könnte sie in 18 Monaten reif für einen Titelkampf sein“, sagt Weber.

Das sei aber von vielen Faktoren abhängig, räumt er ein. Nicht zuletzt von Hansens Alter. Es gebe nicht viele Menschen, die mit 37 eine Profisport-karriere starten. „Natürlich bin ich nicht mehr die Jüngste. Das ist auch der Grund dafür, dass ich Vollgas gebe“, sagt Hansen. Ihr Trainer zeigt sich optimistis­ch: „Wir haben nicht so viel Zeit, aber so wie es gerade läuft, brauchen wir das auch nicht.“

Hanna Hansen selbst jedenfalls arbeitet strikt auf ihr Ziel des Weltmeiste­r-titels hin. Wie es danach für sie weitergeht, könne sie noch nicht sagen. Sicher wird sich irgendwann eine neue Herausford­erung ergeben, eine neue Veränderun­g. „So ist das Leben nun mal“, sagt sie.

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FOTO: NORDWAND.DIGITAL Hanna Hansen im Ring.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Zu Modelzeite­n.
FOTO: PRIVAT Zu Modelzeite­n.

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