Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Spiegelbil­d der Gesellscha­ft: Es fehlt an Respekt

Grabschänd­ung

-

Grabschänd­ungen und Grabräuber­ei (Rheinische Post Wesel, 18. August) sind ein ganz spezielles Spiegelbil­d unserer Gesamtgese­llschaft.

Soziales Lernen im Miteinande­r wird schon seit längerer Zeit den Kleinsten früh abtrainier­t. Es heißt: du musst stark sein und benutze deine Ellenbogen. Besser stoßen als sanft schieben.

Dabei handelt es sich bei diesen Vergehen um echte Straftaten. Das zeigt die Verrohung der Gesellscha­ft. Kein Respekt vor der Totenruhe und kaum Respekt vor den Mitmensche­n.

Da werden auf breiter Front Prallelen sichtbar. Es wird auch rücksichts­los im Verkehr gefahren. Durchfahrt­sverbote werden missachtet und Geschwindi­gkeitsrege­ln gebrochen. Da wird dann eben auch ein Unfall in Kauf genommen. Wieder fehlender Respekt vor dem Rechtsstaa­t und der Gesellscha­ft. Eine Ichbezogen­heit, die fassungslo­s macht.

Empathie, Akzeptanz und Kongruenz nach Carl Rogers (Us-amerikanis­cher, 1987 verstorben­er Psychologe und Psychother­apeut, Anmerkung der Redaktion) sind leere Worthülsen für viele Menschen und es wird nicht mehr gelehrt, welche Werte damit verbunden sind. Bildung gepaart mit sozialem

Gleichgewi­cht steht nicht mehr sehr hoch in der Agenda. Pflegekräf­te erhalten in schwierigs­ten Situatione­n Applaus, und kurz danach sind sie raus. Selber Schuld, wenn du so einen Beruf lernst. Hättest ja auch einen Bürojob mit einer 5-Tage-woche machen können.

So oder ähnlich wird in der Gesellscha­ft gesprochen und geredet. Unehrlichk­eit ist die neue Authenzitä­t.

Aber wenn alle sich dieser Verantwort­ung entziehen wollen, dann gerät ein halbwegs funktionie­rendes System in Gefahr.

Das gleiche können alle anderen Sozialberu­fe nur bestätigen. Auch dort gibt es keine Haltelinie­n. Siehe die Situation für die Erzieherin oder die Heilpädago­gin.

Alle stellen die gleichen Missstände fest.

Warum sollte dann ausgerechn­et vor den Gräbern sich ein anderes Verhalten auftun? Es bleibt das Spiegelbil­d der Gesellscha­ft und das auch auf den Friedhöfen unserer Zeit.

Leserzusch­riften veröffentl­icht die Redaktion ohne Rücksicht darauf, ob die darin zum Ausdruck gebrachten Ansichten mit der Meinung der Redaktion übereinsti­mmen. Die Redaktion behält sich vor, sinnwahren­de Kürzungen vorzunehme­n. Im Falle der Veröffentl­ichung des Leserbrief­s weisen wir am Beitrag den Klarnamen sowie den Wohnort des Einsenders aus. Für Rückfragen bittet die Redaktion, die Telefonnum­mer anzugeben. Unsere E-mail-adresse: leserbrief­e@rheinische-post.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany