Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Doppelhaushalt für Voerde soll Zeit sparen
Der Stadtrat wird im nächsten Frühjahr die Finanzplanung für 2022 und 2023 auf den Weg bringen.
VOERDE (P.K.) Für gewöhnlich bringt der Kämmerer in der jeweils letzten Sitzung des Stadtrates im Dezember den Haushalt für das folgende Jahr ein. Die Politik berät das Zahlenwerk einige Monate später dann in den Fachausschüssen und am Ende bringt es das Kommunalparlament auf den Weg. Dieses Mal ist der Etatplan für Voerde noch einmal umfangreicher als sonst: Kämmerer Jürgen Hülser legt einen Doppelhaushalt für 2022 und 2023 vor. Das bedeutet: Bei der Verabschiedung des Etats werden zur Verfügung stehende Finanzbudgets für zwei Jahre festgelegt, wie Hülser sagt. Das gilt auch für die in diesem Zeitraum angedachten Projekte.
Dieses Vorgehen wird mit dem bisher hohen Aufwand begründet: Der jährliche Haushaltsplanungsprozess binde erhebliche Kapazitäten in der Kämmerei und den übrigen Fachbereichen über nahezu acht Monate des Jahres. Der Doppelhaushalt mache es möglich, über die Laufzeit erhebliche Zeitanteile einzusparen, „die zur Bewältigung anderer, operativer Aufgaben genutzt werden können“.
Die Verabschiedung des Doppeletats wird 2023 den positiven Effekt haben, dass sich die Stadt nicht in der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung befinden wird. Damit ist der Zeitraum gemeint zwischen der Beschlussfassung durch den Voerder Rat im Frühjahr 2022 und der Entscheidung der Aufsichtsbehörde (in dem Fall dem Kreis Wesel), der das Zahlenwerk zur Genehmigung vorgelegt werden muss. 2020 zum Beispiel erfolgte das Votum Mitte Mai, in diesem Jahr war es im April. Zudem würden so im Jahr 2022 durch „den Entfall der Planungsprozesse in der gesamten Verwaltung erhebliche Kapazitäten freigesetzt, die für dringend notwendige interne wie externe Projekte genutzt werden können“, nennt Hülser einen weiteren Vorteil.
Und was sind die Nachteile eines Doppelhaushaltes? Unter gewissen Umständen könnten, erläutert Hülser, eine Nachtragssatzung und ein Nachtragshaushalt notwendig werden. Das ist dann der Fall, wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen einen erheblichen
Umfang zu den Gesamtaufwendungen darstellen. Erheblich heißt: mehr als fünf Prozent. Zudem kann das Erfordernis einer Nachtragssatzung und eines Nachtragshaushaltes bestehen, wenn bislang nicht veranschlagte Investitionen getätigt werden sollen. Die Notwendigkeit bestehe in jedem Haushaltsjahr, allerdings kann es im Falle eines Doppelhaushaltes wahrscheinlicher sein, dass sie eintritt.
Nach Ansicht von Voerdes Kämmerer Hülser lassen die Etatplanungen der zurückliegenden Jahre den Schluss zu, dass die für den mittelfristigen Finanzplanungszeitraum prognostizierten Daten und Projekte einen „belastbaren Bestand“haben. „Insofern ist nicht von größeren Unwägbarkeiten, als sie sowieso bei einer Haushaltsprognose bestehen, auszugehen“, konstatiert er.
Allerdings belastet seit mehr als anderthalb Jahren Corona auch die kommunalen Kassen: Erhebliche Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer oder den Anteilen an der Einkommenssteuer sind die Folge wie auch Mehrausgaben durch coronabedingte Aufwendungen. „Die aktuellen Entwicklungen mit sich fast täglich ändernden Rahmenbedingungen sind grundsätzlich für eine valide Haushaltsplanung sicherlich hinderlich“, bestätigt der Kämmerer.
Die Kommunen können die coronabedingten Belastungen aus dem Haushalt herausrechnen und ab 2025 über einen Kredit mit einer Laufzeit von 50 Jahren finanzieren. Die Anwendung dieser Bilanzierungshilfe sei allerdings zunächst auf die Jahre 2020 und 2021 begrenzt.