Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Außenminister Maas auf Vermittlungsmission in der Türkei
ANTALYA Wieder könnte die Türkei helfen. Wieder geht es um Flüchtlinge und Flüchtlingsrouten. Heiko Maas ist am Sonntag zu einer ebenso dringlichen wie politisch brisanten Mission aufgebrochen. Der deutsche Außenminister will die Lage sondieren, auf welchen Wegen schutzbedürftige Menschen, für die sich Bundesregierung in der Verantwortung sieht, noch aus Afghanistan herausgeholt werden können. Erste Station einer mehrtägigen Vermittlungsmission, die ihn später noch in die afghanische Nachbarschaft führt: Antalya, Türkei.
Zu seinem Amtskollegen Mevlüt Çavusoglu pflegt Maas gute Arbeitsbeziehungen. Deswegen ist Maas am späten Sonntagnachmittag in Antalya an der türkischen Riviera gelandet, wo Çavusoglu ein Ferienhaus hat, bevor es noch am Abend weitergeht – in die afghanische Umlaufbahn. Fünf Stunden Nachtflug in die usbekische Hauptstadt Taschkent, wo am Montag nächste Gespräche anstehen. Der schwierige
Nato-partner Türkei hat schon einmal – gegen viel Geld – geholfen. Mit dem höchst umstrittenen EU-TÜRkei-flüchtlingsdeal 2016 verfolgten die Europäer mit der Zahlung von sechs Milliarden Euro das Ziel, die Zahl der Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien nach Europa spürbar zu reduzieren. Jetzt soll die Türkei wieder dabei sein, wenn es darum geht, eine sichere und schnelle Passage für bedrohte Afghanen ins benachbarte Ausland zu organisieren.
Die türkische Regierung wie auch die Regierung von Katar verhandeln derzeit mit den Taliban darüber, wie nach dem Abzug der westlichen Truppen auf dem Flughafen Kabul weiter operiert werden kann. Denn ohne Flugbetrieb dürfte es mit der Ausreise weiterer schutzbedürftiger Afghanen schwierig werden. Als eine Option gilt, dass die Türkei den Flughafen technisch betreibt, Katar wiederum dort für die Sicherheit sorgt. Der Airport könnte so für viele Afghanen das Drehkreuz auf dem Weg in die Freiheit von den Taliban werden. Auf den Ausreiselisten des Auswärtigen Amtes sollen noch rund 10.000 Schutzbedürftige stehen – plus Mitglieder der sogenannten Kernfamilie, insgesamt rund 40.000 Menschen. Viel Arbeit, viel Organisation, um sie außer Landes zu bringen.
Einer der Partner heißt dabei Türkei, Alliierter in der Nato und Langzeit-eu-beitrittsaspirant. Das westliche Militärbündnis hat sich in Afghanistan zuletzt bis auf die Knochen blamiert. Jetzt soll repariert werden, was irgendwie repariert werden kann. Der schwierige
Nato-partner Türkei könnte helfen – sowohl durch den Betrieb am Flughafen Kabul als auch anschließend bei der Verteilung von Flüchtlingen. Schließlich will die Bundesregierung, so gut es geht, alle jene Schutzbedürftigen, mit denen sie zusammengearbeitet hat, noch vor dem Zugriff der radikal-islamischen Taliban bewahren und über diplomatische Kanäle aus dem Land herausholen. Möglichst in sichere Nachbarländer, wenn diese Menschen schon nicht nach Europa kommen sollen oder können.