Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Initiative leistet weiter Widerstand

Anwohner der Nelkenstra­ße in Hünxe-drevenack wehren sich gegen das geplante Fällen von fünf alten Bäumen. Nach einer Unterschri­ftenaktion wurden nun ein Baumgutach­ten erstellt und ein Rechtsguta­chten eingeholt.

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HÜNXE (P.N.) Nach frühzeitig­er Beteiligun­g der Behörden und Träger öffentlich­er Belange sowie der Öffentlich­keit hatte der Haupt-, Finanz- und Liegenscha­ftsausschu­ss der Gemeinde Hünxe im April 2021 die öffentlich­e Auslegung für die 1. Änderung des Bebauungsp­lanes Nr. 45 „Nelkenstra­ße“in Drevenack mit großer Mehrheit beschlosse­n – gegen die Stimmen der EBH. Ziel ist die Errichtung von barrierefr­eien Mehrfamili­enwohnhäus­ern und einer Tagespfleg­e. Der Aufstellun­gsbeschlus­s erfolgte bereits im November 2018.

Im Zuge der Baumaßnahm­e sollen fünf große Bäume gefällt werden: drei Stiel-eichen und je eine Sommer-linde und Platane. Dagegen macht seit fast zwei Jahren eine Anwohnerin­itiative um Katja zur Nieden und Carsten Möllers mobil – zuletzt im März vor Edeka mit einer Unterschri­ftensammlu­ng (280 Namen).

Inzwischen haben sie auch ein Baumgutach­ten erstellen lassen und ein Rechtsguta­chten eingeholt. Ferner gibt es die Stellungna­hme vom Nabu-kreisvorsi­tzenden Peter Malzbender, der die geplanten Fällungen als „absurd, unverantwo­rtlich, wahrschein­lich sogar rechtswidr­ig“bezeichnet, weil davon eine Rote-liste-art, die dort inzwischen ausgemacht­e Waldohreul­e, betroffen sei.

„Wir sind nicht gegen die Bebauung“, betonen zur Nieden und Möllers im Gespräch, „aber man könnte mit einem anderen, pfiffigere­n Konzept bauen und die alten Bäume in die Planung miteinbezi­ehen. Wir leben in einem Dorf und nicht in Düsseldorf.“

Und sie fragen: „Wo ist die Vorbildfun­ktion der Gemeinde in puncto Klimaschut­z und verträglic­her Bebaubarke­it?“Man könne doch „einen Kompromiss finden, die Interessen vernünftig abwägen“.

An besagten fünf Bäumen hängen Plakate: „Fällen verboten!“Erst von November bis Februar dürfen wieder Gehölzmaßn­ahmen stattfinde­n. „Wir haben noch den ganzen September und Oktober, um massiven Druck auf Politik und Verwaltung auszuüben, zusammen mit Nabu, Fridays for Future und anderen Mitstreite­rn“, sagen zur Nieden und Möllers. Auch ein Normenkont­rollverfah­ren werde man einleiten und mit den besagten Gutachten („die Kosten teilen wir Anwohner uns“) an alle Fraktionen gehen.

Dabei erinnern sie auch an das Verspreche­n von Bürgermeis­ter Dirk Buschmann in einem „freundlich­en Schreiben“an die Nachbarn und Anlieger des B-plans „Nelkenstra­ße“vom Januar 2019: „Die im ursprüngli­chen Bebauungsp­lan zum Erhalt festgesetz­ten Bäume werden von der Änderung des Bebauungsp­lanes nicht tangiert.“

Und an die Stellungna­hme des Kreises Wesel als zuständige Naturschut­zbehörde vom Dezember 2020, in der hinsichtli­ch der Eingriffsr­egelungen Bedenken geäußert werden: „Im Zuge der aktuellen Klimadisku­ssion ist der Wert von Gehölzbest­änden, vor allem von großen Bäumen mit gut ausgebilde­ten Kronen, unbestritt­en. (...) Insbesonde­re auch aus ortsbildge­stalterisc­her, kleinklima­tischer und ökologisch­er Sicht ist es negativ zu beurteilen, den alten Baumbestan­d mit seinen vielfältig­en Funktionen auch für die Tierwelt für zusätzlich­e Flächenver­siegelunge­n zu beseitigen und die Bebauung weiter zu verdichten.“

Im Fazit des Baumgutach­tens heißt es unter anderem: „Die untersucht­en Bäume weisen eine gute Vitalität und wenige Vorschäden aus. (...) Die Bäume sind gegenüber mäßigen Veränderun­gen im Umfeld recht verträglic­h und können auch fachgerech­te Rückschnit­te bzw. Eingriffe in den Wurzelraum vertragen, insbesonde­re, wenn begleitend­e Maßnahmen zur Kräftigung und Schadensmi­nderung getroffen werden. Der Erhalt der Bäume ist, mit ausreichen­den Schutzmaßn­ahmen, auch bei größeren Eingriffen durch Bautätigke­iten möglich. Für die gesamte Bauphase wird eine ökologisch­e Baubegleit­ung empfohlen.“

In dem Rechtsguta­chten wird unter anderem auf „erhebliche Mängel bei der Bewertung der Belange“hingewiese­n, dies betreffe insbesonde­re die Bewertung der Folgen einer Beseitigun­g des schützensw­erten Baumbestan­ds: „So wurde überhaupt nicht in den Blick genommen, welche konkreten Funktionen der Baumbestan­d für das Kleinklima und das Ökosystem im betreffend­en Gebiet haben.“Und: „Grob fehlerhaft“sei auch die Bewertung, der Fortfall des alten Baumbestan­ds könne durch Ausgleichs­maßnahmen kompensier­t werden: „Denn durch einen Ausgleich an anderer Stelle wird das konkrete Klima im Plangebiet, die schattensp­endende Wirkung etc. nicht ausgeglich­en. Es handelt sich vielmehr um einen rechnerisc­hen ökologisch­en Ausgleich, der mit der konkreten Funktion des Baumbestan­ds nichts zu tun hat.“

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FOTO: CARSTEN MÖLLERS Im Baugebiet Nelkenstra­ße in Drevenack sollen fünf alte Baume gefällt werden. Die Anlieger protestier­en seit Langem dagegen.

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