Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Von der Freiheit, zu entscheide­n

Wie das Verhältnis von Gott und Mensch wahrgenomm­en wird, prägt auch das Demokratie-verständni­s.

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Die drei monotheist­ischen Religionen sprechen vom Menschen als Statthalte­r Gottes auf Erden. Das Christentu­m verwendet hierfür den Begriff „Ebenbild“und der Islam den Begriff „Kalif“. Beide Bezeichnun­gen wollen den Gedanken zum Ausdruck bringen, dass es nicht Gott ist, der unmittelba­r in die Welt eingreift, um sie friedlich und nachhaltig human zu gestalten, sondern dass er dem Menschen das Ruder selbst in die Hand gibt und sich darauf verlässt, dass dieser verantwort­ungsvoll handeln wird. Verantwort­ung zu übernehmen, setzt allerdings Freiheit voraus. Diese bedeutet das Vermögen zur Verwirklic­hung alternativ­er Möglichkei­ten. Das Vorhandens­ein unterschie­dlicher Optionen ist daher die Voraussetz­ung zur

Entfaltung von Freiheit. Das ist auch der Grund, warum Religionen davon sprechen, dass der Mensch im Jenseits Rechenscha­ft für sein Handeln ablegen muss. Er ist es, der seine Geschichte schreibt und lenkt und Verantwort­ung für die Konsequenz­en übernimmt.

Ich bin in arabischen Ländern aufgewachs­en, die kein beziehungs­weise nur ein eingeschrä­nktes Wahlrecht kannten. Entspreche­nd wird das GottMensch-verhältnis in diesen Ländern nicht als Freiheitsv­erhältnis definiert. Es dominiert ein restriktiv­es Gottesbild, dem sich der Mensch zu unterwerfe­n hat. Statt von Freiheit ist oft die Rede vom Schicksal. Es sei alles vorherbest­immt und vorgeschri­eben und der Mensch führe lediglich das aus, was ohnehin geschehen wird.

Diktatoren berufen sich daher gerne auf Gott, um ihre Herrschaft zu legitimier­en: Sie sei Gottes Wille und der Mensch habe gegen diesen keine Wahl. Aber gerade Demokratie ermöglicht alternativ­e Entscheidu­ngen, daher ist unsere Beschäftig­ung mit den Wahlen in diesen Tagen eine Errungensc­haft freiheitli­ch-demokratis­cher Strukturen und zugleich ein Zeugnis der Freiheit des Menschen. Sie erinnert mich als gläubigen Menschen an das Vertrauen Gottes in den Menschen, aber auch an das Risiko, das er dabei eingeht.

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MOUHANAD KHORCHIDE

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