Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kripo in NRW soll verjüngt werden
Der Kriminalpolizei droht erheblicher personeller Aderlass. Viele Ermittler werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, junge Polizisten rücken zu langsam nach. Das wollen die Regierungsfraktionen ändern.
DÜSSELDORF Sie sind absolute Spezialisten und arbeiten eng mit Profilern, Rechtsmedizinern und forensischen Psychiatern zusammen. Sie sichern Spuren am Tatort, nehmen Fingerabdrücke und vernehmen Täter, Zeugen und Beschuldigte. Geschieht ein Mord, werden sie gerufen: Kriminalbeamte. Obwohl der Beruf enorm wichtig in der Kriminalitätsbekämfung ist, fehlt es der Kripo in NRW an jungen Kräften und Ausstattung. Beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) heißt es, dass in einigen regionalen Kommissariaten zum Teil nicht ermittelt werden könne, weil das Personal dafür fehle; manche Ermittlungskommissionen hätten nicht mal einen Leiter. „Das heißt konkret, dass Fälle länger liegen bleiben und dadurch vielleicht nicht aufgeklärt werden können“, so ein Ermittler.
Die Fraktionen der beiden nordrhein-westfälischen Regierungsparteien CDU und FDP wollen die Kriminalpolizei nun stärken und ausbauen. Sorge bereiten besonders die hohen Pensionierungszahlen bei der Kripo in den kommenden Jahren, wodurch erhebliches Fachwissen bei der Aufklärung von Morden und Erfahrungen in der Kriminalitätsbekämpfung verloren gehen wird. Hunderte erfahrene Ermittler werden in den Ruhestand gehen.
Anders als bisher sollen deswegen zehn Prozent der Polizeikommissare direkt nach der Ausbildung bei der Kriminalpolizei eingesetzt werden; im vergangenen Jahr wären das gemessen an der Anzahl der eingestellten Polizeianwärter 265 Kripobeamte gewesen. Damit sollen neue Polizisten schneller und ohne Umwege in die Kommissariate gebracht werden. „Das stärkt die Schlagkraft der Kripo und verringert das hohe Durchschnittsalter der Ermittler“, sagte Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der Fdp-fraktion.
In einem entsprechenden Antrag der beiden Fraktionen fürs Plenum des Landtages in dieser Woche heißt es zudem, dass mit einer umfassenden Werbekampagne gezielt spezialisierter Nachwuchs für die Kriminalpolizei gewonnen werden soll. Demnach sollen auch Forschungsaufträge vergeben werden, die unter anderem die Belastungssituation der Polizisten untersuchen – insbesondere im Vergleich zu den unterschiedlichen Behördentypen und den verschiedenen Direktionen.
Christos Katzidis, innenpolitischer Sprecher der Cdu-fraktion, sagt, dass mehr Personal allein nicht ausreichen werde. „Die Ermittlungsarbeit hat sich dramatisch verändert; die Beweisanforderungen und der Auswertungsaufwand steigen immer mehr. Und die Arbeit verlagert sich zunehmend in den digitalen Bereich“, betont Katzidis, der Polizeivollzugsbeamter und Polizeioberrat war. Deshalb müssten auch die Prozesse, die Strukturen und die Aus- und Fortbildung überprüft werden; die Kripo insgesamt müsste verjüngt werden. „Die Altersstruktur muss schnell und nachhaltig verbessert werden“, sagte er.
Lürbke wies darauf hin, dass in vielen Kriminalkommissariaten die personelle Situation trotz RekordEinstellungszahlen für die NRW-POlizei bislang nicht angekommen und hochgradig angespannt sei. „Denn es dauert oft viele Jahre, bis die fertig ausgebildeten Polizeibeamten nach mehreren Jahren Dienst in anderen Verwendungen schließlich in der Kripo ankommen“, so Lürbke.
Wer zur Kripo möchte, muss zunächst eine dreijährige Polizeiausbildung durchlaufen mit dem Abschluss als Bachelor of Arts. Danach geht es in der Regel vorerst weiter im Wach- und Wechseldienst (Streifendienst). Nach einer bestimmten Zeit in dem Bereich hat man dann die Möglichkeit, als sogenannter Bereichswechsler in die Direktion Kriminalität zu wechseln.
Diese Direktion ist in verschiedene Kriminalinspektionen eingeteilt. Sie beinhalten die einzelnen Fachkommissariate, die für unterschiedliche Bereiche zuständig sind; dazu gehören unter anderem: Tötungsdelikte, Betrugs- und Eigentumsdelikte, Finanzermittlungen, Organisierte Kriminalität, Staatsschutz, technische Auswertung.
Der Weg zur Kripo dauert zu lange, kritisieren Experten; einige wünschen sich daher die Rückkehr zum alten Ausbildungsmodell bei der Polizei. Früher ist es in NRW möglich gewesen, sich direkt bei der Kriminalpolizei zu bewerben und anzufangen. Das wurde allerdings geändert. Einer der Gründe: Alle Polizisten in Nordrhein-westfalen sollten möglichst eine einheitliche und nicht spezialisierte Ausbildung durchlaufen.