Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Cécile Verny mit deutschen Schlagern in Jazzform
Im Ledigenheim befreite die Jazzkünstlerin gemeinsam mit Johannes Maikranz bekannte Schlagerstücke vom Schmalz.
DINSLAKEN (bes) „Es ist wie nach Hause zu kommen“zitierte Thomas Termath einen Stammgast der Jazz Initiative vor Beginn des ersten Konzertes nach einem Jahr coronabedingter Pause im Ledigenheim Lohberg. Und ums Heimischsein ging es auch in den folgenden zwei Stunden. Die Französin Cécile Verny wurde in der Elfenbeinküste geboren, kam mit zwölf Jahren nach Europa und lebt, seit sie 23 ist, in Deutschland. Sie heiratete in eine Familie aus dem Badischen ein, lebt in Freiburg.
In Deutschland hat sie ihre Fans, denen sie anlässlich ihres 30-jährigen Bühnenjubiläums etwas besonderes zurückgeben wollte. Aber hier registriert sie auch seit einigen Jahren einen zunehmenden Rassismus. Was also machen? Verny ist Jazzerin und damit musikalische Brückenbauerin par excellence. In ihrem aktuellen Programm singt sie ausschließlich auf Deutsch. Lieder, die ihr persönlich etwas bedeuten, Schlager, die gerade auch in den Reihen der Jazzer eigentlich eher geächtet sind. Aber es gibt auch in diesem Genre Stücke, die es Wert sind, sie einmal vom Schmalz zu befreien, Textpassagen zu hinterfragen und Melodien und Harmonien auf ein höheres Niveau zu heben.
In Johannes Maikranz fand Verny einen Jazz-gitarristen, dem dies mit sparsamen Arrangements und einem behutsamen Einsatz der Loopmaschine gelang. „Für mich soll's rote Rosen regnen“hat ohnehin mehr Chanson als Schlager-qualitäten, „Du, du, du, lass mein kleines Herz in Ruh“scheint geradezu aus Götz Alsmanns Jazzschlager-schatzkästchen gehoben zu sein. „Er gehört zu mir“erhält völlig neue melodisch-harmonische Wendungen, ebenso wie „Weißt du wie viel Sternlein stehen?“und „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Es geht Verny um Wertschätzung, auch um die des eigenen Liedguts – erleichtert durch den Blick von „außen“. Mit „Du bist die Ruh“von Rückert/schubert und Brahms „Guten Abend, gut Nacht“als lebhafter Jazz-walzer ist auch das Kunstlied vertreten. Und dann gibt es noch das Lied, wo Vernys scattende Jazz-power und das Original temperamentvoll zusammenfinden: Trude Herrs „Morgens bin ich müde“machte einfach nur Spaß.