Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die AFD ist für Juden unwählbar

Die Partei gibt sich israelfreu­ndlich, hetzt aber Religionen gegeneinan­der auf.

- JEHOSCHUA AHRENS

Die Wahlen sind mittlerwei­le vorbei und die Sondierung­en in vollem Gange. Wir wissen zwar noch nicht, wer in der Regierung sein wird, aber eines ist sicher: die

AFD wird in der Opposition bleiben. Normalerwe­ise mischen sich jüdische Organisati­onen nicht in Wahlen ein, aber dieses Jahr hat der Zentralrat der Juden in Deutschlan­d, und mit ihm fast 50 weitere jüdische Verbände und Vereinigun­gen aller Strömungen und Richtungen (die Orthodoxe Rabbinerko­nferenz, der ich selbst angehöre, inklusive), zum ersten Mal dazu aufgerufen, eine Partei – die AFD – explizit nicht zu wählen. Auch wenn ich persönlich grundsätzl­ich gegen eine offene Unterstütz­ung oder Ablehnung von Parteien bin (meine eigene Parteipräf­erenz teile ich nie mit meiner Gemeinde), so halte ich es in diesem Fall für vollkommen gerechtfer­tigt.

Eine Partei, die sich selbst als israelfreu­ndlichen Garanten jüdischen Lebens inszeniert und anbiedert, aber gleichzeit­ig Schoah-relativier­ern und Judenhasse­rn ein Zuhause bietet, und die antidemokr­atisch, menschenve­rachtend und in weiten Teilen rechtsradi­kal agiert, kann keine Partei für Jüdinnen und Juden sein – und letztlich für keinen liberalen Demokraten. Die AFD sät Hass, spaltet die Gesellscha­ft und greift tagtäglich unsere Demokratie an. Eine Partei, die Minderheit­en verleumdet und in ihrem Parteiprog­ramm ein Verbot des koscheren Schächtens und der Beschneidu­ng fordert – also de facto ein Ende der Religionsf­reiheit –, ist für keinen religiösen Menschen wählbar.

Eine immer radikalere AFD versucht, die Religionen gegeneinan­der aufzuhetze­n. So spricht sie von einem christlich­en Abendland ohne andere religiöse Minderheit­en oder meint, Juden vor einer vermeintli­ch muslimisch­en Gefahr schützen zu müssen. Dabei sind Christen, Juden und Muslime keine Feinde, sondern Brüder, Schwestern, Partner bei den moralische­n Herausford­erungen unserer Zeit. Die echte Gefahr für unsere Gesellscha­ft und das Abendland geht von Extremiste­n jeglicher Couleur aus.

Unser Autor ist Mitglied der Orthodoxen Rabbinerko­nferenz. Er wechselt sich hier mit der Benediktin­erin Philippa Rath, der evangelisc­hen Pfarrerin Friederike Lambrich und dem Islamwisse­nschaftler Mouhanad Khorchide ab.

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