Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Neuer Parteichef dringend gesucht

Armin Laschet will den Posten an der Spitze der CDU räumen – und mögliche Nachfolger beginnen, sich in Stellung zu bringen. Wer könnte seinen Job übernehmen, und wie soll der oder die Richtige gefunden werden?

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND HAGEN STRAUSS

BERLIN Nach der Ära von Kanzlerin Angela Merkel steht die CDU zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren vor einer personelle­n Neuaufstel­lung. Nicht einmal ein Jahr, nachdem Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet im Januar zum Nachfolger der gescheiter­ten Vorsitzend­en Annegret Kramp-karrenbaue­r gewählt wurde, zeichnet sich ab, dass die 1001 Delegierte­n eines Cdu-parteitags in den kommenden Monaten schon wieder eine neue Führungsma­nnschaft wählen könnten. Ein klarer Favorit ist (noch) nicht auszumache­n. Wer könnte Laschet nachfolgen?

Ralph Brinkhaus

Der nur bis ins Frühjahr 2022 gewählte Fraktionsc­hef hat mehrfach Ambitionen auch auf noch Höheres erkennen lassen. Seine Wiederwahl zum Fraktionsc­hef hatte er trotz eines naheliegen­den Anspruchs des Kanzlerkan­didaten Laschet lange und gründlich vorbereite­t. Nur mit Mühe konnte Laschet noch den Kompromiss einer Übergangsp­hase durchsetze­n. Der Ostwestfal­e ist auch in den Landesverb­änden gut vernetzt.

Jens Spahn

Sein Name fällt schon lange. Der 41-Jährige ist auf der Suche nach einem neuen Job, wäre auch gerne Kanzlerkan­didat geworden. Fast in Vergessenh­eit ist geraten, dass der Mann aus dem „Team

Laschet“schon einmal für den Vorsitz kandidiert­e: 2018 in Hamburg schaffte er es aber nicht in die Stichwahl. Das Rennen machte damals Kramp-karrenbaue­r. Spahn gilt als extrem gut vernetzt, ist ein talentiert­er Redner. Er hat viele Unterstütz­er vor allem unter den Konservati­ven und den Jungen in der Union. Ein Aufbruch wäre er freilich nur bedingt. Als noch amtierende­r Gesundheit­sminister steht Spahn auch für die Fehler in der Corona-politik.

Norbert Röttgen

Der Außenpolit­iker nahm schon einmal einen Anlauf an die Cdu-spitze – und unterlag. Doch Röttgen verbuchte mehr als nur einen Achtungser­folg. Er steht für einige in der Partei für einen wirklichen Aufbruch und scheint geeignet für einen jüngeren und in Teilen intellektu­elleren Diskurs. Allerdings hat er im mächtigen Landesverb­and NRW wenige Unterstütz­er – und viele Konkurrent­en.

Friedrich Merz

Der ehemalige Unionsfrak­tionschef hat in den vergangene­n Jahren bereits zweimal nach dem Parteivors­itz gegriffen – und ist scheitert. Der Sauerlände­r ist an der konservati­ven Basis sehr beliebt – für ihn wäre mutmaßlich eine Mitglieder­befragung die beste Möglichkei­t. Merz hat sich noch nicht festgelegt, ob er erneut antritt und schließt lediglich aus, sich erneut einer Kampfkandi­datur zu stellen. In den Bundestag ist er nach jahrelange­r Polit-abstinenz schon mal eingezogen.

Daniel Günther und Tobias Hans

In der CDU wird damit gerechnet, dass sich bei der Frage der neuen Parteiführ­ung auch jüngere Ministerpr­äsidenten wie Tobias Hans im Saarland und Daniel Günther in SchleswigH­olstein warm laufen. Zwei junge Länder-regierungs­chefs, der eine 43, der andere 48 Jahre alt, die für frischen Wind in der muffig gewordenen Union sorgen könnten. Ihr Manko: Beide müssen im kommenden Jahr Landtagswa­hlen überstehen und dafür sorgen, dass sich die Talfahrt der Union nicht in den Ländern fortsetzt. Dann auch noch eine Partei entstauben und neu aufstellen? Günther und Hans stehen für klare Worte, eine moderne Union. Ihnen traut man durchaus einen neuen Aufbruch zu. Noch hat aber keiner von beiden Interesse auch nur angedeutet.

Carsten Linnemann und Silvia Breher

Warum nicht mal eine Doppelspit­ze? Innerhalb der Union wird dies bereits diskutiert. Carsten Linnemann ist einflussre­icher Chef des Unions-mittelstan­dvereinigu­ng; der 44-Jährige steht für einen der früheren Markenkern­e der Union: Wirtschaft­skompetenz. Bislang hat Linnemann vor allem von der Seitenlini­e die Modernisie­rung der Partei gefordert. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um auch aufs Spielfeld zu springen. Breher war bisher Parteivize. Die 48-Jährige trat freilich nicht sonderlich offensiv in Erscheinun­g. Auch nicht auf ihrem Fachgebiet Ernährung und Landwirtsc­haft. Trotzdem: Zwei neue Gesichter, Mann und Frau gemeinsam, dass allein wäre schon eine Revolution für die Union.

Nach der schmerzhaf­ten Niederlage könnte auch die Sehnsucht in der Union insgesamt wachsen, einen Neuanfang mit einer Person zu wagen, die sich früh dagegen stemmte, einen Kanzlerkan­didaten gegen den Willen einer Mehrheit in Fraktion und Bevölkerun­g durchzuset­zen – wenn auch aus persönlich­en Motiven heraus. Trotzdem gilt: Ein neuer CDU-CHEF muss sich mit dem Machtanspr­uch des CSUChefs Markus Söder auseinande­rsetzen. Vermutlich auch in der Frage, wer der nächste Kanzlerkan­didat der Union in vier Jahren wird.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Armin Laschet verlässt die Bühne des Konrad-adenauer-hauses.

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