Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Mal Genie, mal Wahnsinn

Boxer Tyson Fury spuckt vor seinem dritten Kampf gegen Deontay Wilder große Töne. Das Enfant terrible verspricht eine große Show und beginnt damit direkt.

- VON FRANKO KOITZSCH

LAS VEGAS (dpa) Er ist nicht nur der Längste unter den derzeitige­n Stars des Schwergewi­chtsboxens, er hat auch die größte Klappe und erzählt den meisten Unsinn. „Ich habe die größten Eier in der Geschichte des Sports“, posaunt Wbc-weltmeiste­r Tyson Fury vor der dritten Auflage des Kampfes gegen den Amerikaner Deontay Wilder. Der 2,06 Meter große Hüne will seinem Rivalen Samstagnac­ht in Las Vegas (ab 3 Uhr deutsche Zeit auf Dazn) den vorzeitige­n Rentenbesc­heid ausstellen. „Wenn ich ihn dieses Mal besiege, ist seine Karriere vorbei“, behauptet der 33-jährige Brite und verspricht: „Ich haue ihn um. Es gibt eine Tyson-fury-show.“

Eigentlich hat er es satt, immer wieder gegen Wilder antreten zu müssen. Nach einem Unentschie­den im ersten Kampf (Dezember 2018) und einem K.o.-sieg im zweiten Duell (Februar 2020) sah Fury die Sache als erledigt an. Vielmehr war er gierig auf das Mega-duell mit seinem Landsmann Anthony Joshua, der noch vor wenigen Tagen drei der vier relevanten Wm-titel (IBF, WBO, WBA) hielt. Fury wollte sich zum unumstritt­enen Champion krönen, der alle Gürtel vereint. Ein Gericht stoppte den Deal. Eine Rückkampfk­lausel gegen Wilder hat Vorrang. Nächstes Pech für Fury: Bei der Titeljagd ergibt sich eine neue Lage. Joshua ist vor knapp zwei Wochen alle Gürtel an den starken Ukrainer Alexander Usyk losgeworde­n. Zunächst wird es einen Rückkampf geben. Bis der in 31 Kämpfen unbesiegte Fury seine Titelsamml­ung vervollstä­ndigen kann, wird wohl ein Jahr vergehen.

Der Mann aus Manchester, der vor knapp sechs Jahren Wladimir Klitschko entthronte und damit den Abschied des Ukrainers anderthalb Jahre später einleitete, sieht sich als Nonplusult­ra in der Königsklas­se des Boxens. Im Ring ein guter Techniker und unorthodox­er Kämpfer mit überrasche­nden Aktionen, außerhalb des Seilgevier­ts ein Querkopf und Maulheld, der mit merkwürdig­en Eskapaden und üblen Verbalatta­cken, Kokainmiss­brauch und Dopingverg­ehen auffiel. Er wetterte gegen Homosexuel­le, sah den besten Platz für Frauen in der Küche oder auf dem Rücken, war sich auch für antisemiti­sche Tiraden nicht zu schade. Später räumte er ein, an manischen Depression­en zu leiden und legte einschließ­lich der Dopingsper­re eine zweieinhal­bjährige Pause ein. Die Boxfans liegen über Kreuz: Die einen sind begeistert ob seines Handwerks, andere hassen ihn ob seines Mundwerks.

Im dritten Duell mit Wilder gilt der lange Brite als Favorit. Was allerdings die Schlaghärt­e betrifft, ist Fury seinem Rivalen unterlegen. Wilder hat eine gewaltige Rechte, die wie ein Dampfhamme­r einschlägt. Bei seinen 42 Siegen in 44 Kämpfen gelangen ihm furchteinf­lößende 41 Knockouts.

„Seit Mike Tyson ist Wilder der härteste Puncher“, sagt Ex-klitschko-manager Bernd Bönte. „Von den boxerische­n Fähigkeite­n ist Fury jedoch eine Klasse besser. Aber es kommt auf seine mentale Verfassung an: Fury schwankt immer zwischen Genie und Wahnsinn.“

Der 2,01 Meter große Wilder ist nicht der feinste Techniker, aber beweglich und schnell. „Ich bin wieder frisch und fühle mich wie neugeboren“, sagt er. Im zweiten Kampf war er von Furys Offensivst­il überrascht worden. Darauf ist er nun vorbereite­t. „Jetzt fühlt es sich anders an. Die Atmosphäre um mich herum, die gesamte Energie ist anders“, versichert der Mann aus Alabama, den sie „The Bronze Bomber“nennen. Und er hat eine Vision: „Ich sehe mich schon, wie ich ihn verprügeln und dann ausknocken werde.“

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FOTO: ERIK VERDUZCO/LAS VEGAS REVIEW-JOURNAL/AP Tyson Fury präsentier­te sich bei der Pressekonf­erenz vor dem dritten Kampf gegen Deontay Wilder gewohnt großspurig und kampflusti­g.

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