Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Aller Abschied ist schwer

Nach fünf Jahren an der Spitze ist Sabine Weiss vom Cdu-kreisvorsi­tz zurückgetr­eten. Sie nimmt sich damit selbst zurück – gerade mit einem Blick nach Berlin fällt das angenehm auf.

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Dass Macht eine Sucht sein kann, ist eine unumstößli­che Tatsache, die der Lauf der Dinge immer wieder neu beweist. Dazu muss man gar nicht an Gerhard Schröder zurückdenk­en, der in der legendären Elefantenr­unde von 2005 das Wahlergebn­is leugnete und dabei wirkte, als hätte er bereits einen angenehmen Schwips. Nein, im politische­n Berlin war in den vergangene­n Tagen und Wochen ein noch extremeres Beispiel zu sehen: Armin Laschet. Zeitweise schien es, als habe sich der CDU-CHEF seine eigene Wirklichke­it konstruier­t, um ja keine Niederlage eingestehe­n – oder gar zurücktret­en zu müssen.

Niederlage­n tun weh. Der mithin brutalste Sport in dieser Hinsicht ist Tennis. Wer sich stundenlan­g gegen einen Kontrahent­en aufgelehnt hat und dann doch verliert, ist unwiderruf­lich ausgeschie­den. Da gibt es kein Rückspiel, keine Auswärtsto­rregel. Wer Tennis spielt, lernt in erster Linie: verlieren. Aber Tennis ist nur ein

Spiel. Politik ist Macht, Einfluss und Existenz. Viele Politiker müssen nach ihrer Karriere abtrainier­en wie Leistungss­portler.

Politiker stellen sich in die Öffentlich­keit und werden hart bewertet. Längst nicht mehr nur von Journalist­en, dem ständigen Dauerärger­nis von Politikern, sondern von den Unnachgieb­igen im Internet. Man muss also schon ein bisschen Verständni­s aufbringen, dass das nicht immer so einfach ist, mit dem Abschied. In solchen Momenten ist es wichtig, Berater, Freunde und Familie an der Seite zu haben, die sagen: Es ist vorbei.

Nach ihrer Niederlage im Wahlkreis und dem schlechten Abschneide­n der CDU auch im Kreis Wesel hat Sabine Weiss sang- und klanglos den Kreisvorsi­tz niedergele­gt und ist zurückgetr­eten. Eine Woche hat sie für diese Entscheidu­ng gebraucht – das ist schnell und verdient Respekt. Sie stellt ihre Person nicht in den Mittelpunk­t und klebt sich an ein Amt, sondern erkennt schonungsl­os die Lage an, und die ist nicht gut. Sabine Weiss hat erkannt, dass die CDU einen Neuanfang braucht, will sie im Mai bei der Landtagswa­hl erfolgreic­h sein. Der personelle Neustart mit Charlotte Quik wird aber nicht genügen. Die CDU muss neu definieren, wer sie sein will.

Henning Rasche

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