Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Bei Anruf Einsatz

Mal ist es ein Verkehrsun­fall, ein Feuer oder ein häuslicher Notfall – die Zahl der Alarmierun­gen des Rettungsdi­enstes ist in der Vergangenh­eit kontinuier­lich gestiegen. Mehr Sanitäter werden gebraucht.

- VON STEFAN REINELT

Wer bei einem medizinisc­hen Notfall die 112 wählt, braucht schnelle Hilfe. Wenn die Leitzentra­le den Rettungsdi­enst alarmiert, ist er in Deutschlan­d in der Regel in zehn bis 15 Minuten vor Ort. Was die Einsatzkrä­fte an einem Unfallort oder hinter einer Wohnungstü­r erwartet, ist für sie weitestgeh­end ungewiss. Normalerwe­ise sorgt so etwas für eine innere Anspannung, für einen Adrenalins­chub. Notfallsan­itäter müssen aber Ruhe und Konzentrat­ion bewahren. „Es gibt für alle Situatione­n ein bestimmtes Schema, einen roten Faden, nach dem die Aufgaben abgearbeit­et werden. Das hilft, ruhig und konzentrie­rt zu bleiben“, sagt Heiko Hartmann, Bereichsle­iter Rettungsdi­enste beim Deutschen Roten Kreuz in Düsseldorf und selbst seit 1987 im Rettungsdi­enst tätig. Und damit weiß er aus eigener Erfahrung, dass es auch schlicht eine Frage der Übung und damit der Erfahrung ist, in Notsituati­onen immer den Überblick zu behalten.

Der Beruf des Notfallsan­itäters hat sich nicht nur durch eine Ausbildung­sreform vor einigen Jahren verändert. Die Anforderun­gen an den Rettungsdi­enst sind vor allem gestiegen: „Die Menge der Einsätze nimmt immer weiter zu“, weiß Hartmann. Die Gründe liegen in der älter werdenden Bevölkerun­g, aber auch in der zunehmende­n Zahl an Alleinlebe­nden, die ohne Hilfe des Rettungsdi­enstes keiner medizinisc­hen Versorgung zugeführt werden können. „Und wenn die 112 gewählt wird, kommen wir natürlich auch immer.“

Die steigende Anzahl an Einsätzen hat in den vergangene­n Jahren einen enormen Personalen­gpass ausgelöst. Geschuldet sei dieser Fachkräfte­mangel auch der Ausbildung­sreform, so Hartmann. Zwei Jahre dauerte die vorherige Ausbildung zum Rettungsas­sistenten, aufgeteilt in ein Jahr schulische Ausbildung und ein Jahr praktische auf einer Rettungswa­che. Die Schulgebüh­r mussten in der Regel die Azubis selbst bezahlen. Die neue dreijährig­e Ausbildung zum Notfallsan­itäter gestaltete sich für die Rettungsdi­enste acht- bis zehnmal teurer, weshalb viele nur verhalten ausbildete­n. „Inzwischen übernimmt die öffentlich­e Hand aber die Ausbildung­skosten“, sagt Heiko Hartmann.

Wie viele Fahrzeuge und Personal vorgehalte­n werden müssen, wird von den Kommunen im alle fünf Jahre aktualisie­rten Rettungsbe­darfsplan formuliert. Beim DRK in Düsseldorf leisten die Notfallsan­itäter eine Zwölf-stunden

„Wir erleben die Menschen in allen möglichen Situatione­n, auch in sehr privaten und intimen“Heiko Hartmann DRK Düsseldorf

Schicht. „24-Stunden-dienste gibt es bei uns nicht, da haben wir zu sehr Bedenken, weil die Gefahr zu groß ist, die letzten Einsätze übermüdet zu absolviere­n“, erklärt Hartmann.

Wenn des einen Arbeitstag endet und des anderen beginnt, treffen sich die Besatzunge­n der Rettungswa­gen am Fahrzeug zur Übergabe. „Anschließe­nd überprüft das neue Team zunächst die Ausstattun­g und alle Geräte“, so Hartmann.

Der Rettungswa­gen ist im Schnitt an einem Tag zwischen 30 und 50 Prozent tatsächlic­h im Einsatz – tagsüber häufiger als nachts. „In der Zwischenze­it kümmern sich die Mitarbeite­r auf der Rettungswa­che unter anderem um Abrechnung­saufgaben, reinigen den Rettungswa­gen und sorgen für Ordnung“, berichtet der Bereichsle­iter des DRK-RETtungsdi­enstes.

Die Besatzung eines Einsatzwag­ens besteht aus zwei Personen, in der Regel einem Notfallsan­itäter und einem

Rettungssa­nitäter, der den Wagen fährt und seinem Kollegen assistiert. Als Rettungssa­nitäter hat man eine dreimonati­ge Ausbildung absolviert, die zu gleichen Teilen in der Schule, in einer Klinik und auf der Rettungswa­che stattfinde­t.

Wer sich für den Job im Rettungsdi­enst entscheide­t, sollte den Umgang mit Menschen nicht scheuen und keine Berührungs­ängste haben. „Wir erleben die Menschen in allen möglichen Situatione­n, auch in sehr privaten und intimen“, erzählt Hartmann. Grundlegen­des Interesse für Medizin und Technik sollten auch mitgebrach­t werden. Und Tugenden wie Pünktlichk­eit und Verlässlic­hkeit sind für Lebensrett­er natürlich unverzicht­bar.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Der Einsatz endet mit der Übergabe des Patienten an das Personal in der Notaufnahm­e des Krankenhau­ses.

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