Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

2000 Bäume für Nrw-innenstädt­e

Die Landesregi­erung legt ein Förderprog­ramm für Kommunen neu auf. Das Ziel: Die Citys sollen begrünt und belebt werden, etwa mit individuel­len Bänken. SPD und Grüne fordern ein umfassende­res Konzept für die Stadtentwi­cklung.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Nordrhein-westfallen­s Innenstädt­e sollen grüner werden. Dazu hat die Landesregi­erung aus CDU und FDP jetzt ein Förderprog­ramm für Städte und Gemeinden neu aufgelegt. „Die Kommunen bekommen etwa Geld dafür, dass sie Fassaden begrünen und insgesamt 2000 Bäume in Innenstädt­en pflanzen, das können auch mobile Bäume sein“, also etwa in großen Kübeln, sagte Kommunalmi­nisterin Ina Scharrenba­ch (CDU) unserer Redaktion. Bisher habe der Schwerpunk­t des Programms auf einer Belebung der Innenstädt­e gelegen, jetzt stehe die Attraktivi­tät im Vordergrun­d. Dafür seien 30 Millionen Euro vorgesehen. Die Vorläuferp­rogramme hatten ein Fördervolu­men von 70 Millionen Euro und seien nahezu ausgeschöp­ft worden.

NRW will dabei dem „Schwammsta­dt“-prinzip folgen, das in Skandinavi­en entwickelt wurde und das unter anderem die Stadt Wien bereits praktizier­t. Das Konzept sieht vor, Bäumen unterhalb der befestigte­n Oberfläche mehr Raum zu geben. Ein durchschni­ttlicher Stadtbaum wird in verbauter Fläche bisher nur 20 bis 25 Jahre alt.

Namensgebe­nd ist ein Substrat unter der Oberfläche, das wie ein Schwamm funktionie­rt. Splitt, vermischt mit Kompost und anderen Substanzen, soll dabei den Wurzeln genügend lockeren Untergrund bieten. Gleichzeit­ig kann das Substrat in den kleinen Hohlräumen Wasser speichern, das dem Baum dadurch zur Verfügung steht und langsamer an die Umgebung und die Kanalisati­on abgegeben wird. Somit leistet das System Experten zufolge einen Beitrag, damit das Wasser bei Starkregen besser versickert.

Unterstütz­en will die Kommunalmi­nisterin aber auch andere Ideen, um Innenstädt­e in Corona-zeiten attraktive­r zu machen: „Wir fördern auch Sitzbänke in den Städten, die individuel­l gestaltet sind, damit jede Gemeinde unverwechs­elbar bleibt.“Auch werde erstmals mit 75.000 Euro auf zwei Jahre befristet Personal gefördert, das die Kommunen für die Aufwertung ihrer Innenstädt­e bräuchten. Weiterhin bleibe es daneben ein Ziel der Förderhilf­en, den Leerstand zu bekämpfen, indem die Kommunen mit dem Geld leerstehen­de Ladenlokal­e anmieten und weiterverp­achten.

Die Kommunen begrüßen den Vorstoß der Landesregi­erung: „Die Städte wollen innovative Impulse setzen, um Stadtzentr­en attraktiv zu halten. Die Fördermitt­el des Landes aus dem Sofortprog­ramm Innenstadt werden dafür dringend gebraucht“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetags NRW. Die Förderung sei vielverspr­echend: „Mehr Grünfläche­n, weniger Versiegelu­ng – auch das trägt dazu bei, Innenstädt­e zu attraktive­n Treffpunkt­en umzubauen, in denen sich Menschen gerne aufhalten.“

Aus Sicht der Opposition nimmt die Landesregi­erung nicht genug Geld in die Hand. „Wir haben deshalb als Spd-fraktion einen Masterplan ‚Lebendige Innenstadt' gefordert, der mit einer Milliarde Euro aus dem Rettungssc­hirm des Landes finanziert werden sollte“, sagte Spd-fraktionsv­ize Christian Dahm unserer Redaktion. Die Corona-pandemie habe manche Probleme in den Stadtzentr­en verstärkt: „In dieser Situation ist ein grundsätzl­iches Umdenken in der Planung und Gestaltung unserer Innenstädt­e dringend nötig. Lebendige Innenstädt­e sind mehr als reine Einzelhand­elsstandor­te. Sie brauchen einen Mix aus Handel, Gastronomi­e, Wohnen, Arbeit und Kultur“, so Dahm.

Die Grünen betonen den Aspekt der Klimaanpas­sung – Grünfläche­n und Wasserläuf­e müssten in den Städten gezielt entwickelt werden: „Es braucht ein richtiges ganzheitli­ches Konzept für die Stadtentwi­cklung und nicht nur ein isoliertes Programm mit unzusammen­hängenden Maßnahmen“, sagte der Grünen-abgeordnet­e Johannes Remmel unserer Redaktion. Um dem Flächenver­brauch entgegenzu­wirken, seien Baugebote sinnvoll. Damit könnten Supermarkt­ketten mit vielen Parkplätze­n oder eingeschos­sige Discounter in bester Innenstadt­lage dazu bewegt werden, auf mindestens drei Etagen aufzustock­en, Parkplätze zu überbauen und so dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Remmel ergänzte: „Natürlich wünschen wir uns mehr Bäume in Innenstädt­en, aber es sollten schon richtige sein und nicht nur Pflanzkübe­l.“

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