Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Schrecksek­unden am Flughafen Weeze

Weil ein Autofahrer aus Kevelaer den Sicherheit­szaun durchbrach, musste ein Passagierj­et die Landung abbrechen.

- VON SEBASTIAN LATZEL UND CLAUDIA HAUSER

WEEZE Eine Ryanair-maschine aus Rom ist am Samstagabe­nd gegen 20.15 Uhr im Landeanflu­g auf den Flughafen Weeze, als unten ein Hyundai einen Zaun durchbrich­t und auf einer Nebenspur gefährlich nah an die Start- und Landebahn fährt. Der Pilot der Rom-maschine zieht wieder hoch und fliegt zum Flughafen Münster/osnabrück. Auf dem Flughafen Weeze herrscht Alarmstimm­ung. Die Beschädigu­ng des Zauns stellt ein großes Sicherheit­srisiko dar, alles ist denkbar, die Polizei rückt mit einem Großaufgeb­ot an.

„Für die Flughafenm­itarbeiter war es ein Schock“, sagt Verdi-gewerkscha­ftssekretä­r Özay Tarim, der am Sonntag mit einigen Kollegen der Fluggastko­ntrolleure in Weeze gesprochen hat: „Alle waren total verunsiche­rt, es hätte ja ein terroristi­scher Anschlag sein können.“Wie sich herausstel­lt, steuert ein 59-Jähriger aus Kevelaer den Hyundai. Sicherheit­skräfte stoppen ihn zügig. Der Mann hatte nach Angaben der Kreispoliz­eibehörde Kleve wohl hinter dem Steuer einen medizinisc­hen Notfall erlitten. Dass er seinen Wagen absichtlic­h gegen den Zaun gesteuert haben könnte, könne „relativ sicher ausgeschlo­ssen werden“, sagte ein Polizeispr­echer. Neben den gesundheit­lichen Problemen wird bei einer Untersuchu­ng im Krankenhau­s auch Alkohol in seinem Blut festgestel­lt. Sein Führersche­in wurde eingezogen.

Der Airport musste von 20.30 Uhr bis 21.10 Uhr für 40 Minuten geschlosse­n werden, wie Flughafen-sprecher Holger Terhorst sagt. Weitere Flüge seien nicht betroffen gewesen. Nach dem Zwischenst­opp in Münster konnte die RomMaschin­e um 22.05 Uhr doch noch in Weeze landen. Ein Sicherheit­srisiko für den Flughafen sieht Terhorst nicht. „Die für die Sicherheit verantwort­lichen Stellen und Behörden wie Security, Bezirksreg­ierung und Kreispoliz­ei haben sofort und richtig reagiert“, sagt er. Der Airport ist von einem kilometerl­angen Sicherheit­szaun umgeben. Der Mann war im westlichen Bereich des Flughafeng­eländes durch die Absperrung gebrochen. Es sei bei einem so riesigen Gelände nicht zu verhindern, dass jemand auf diese Weise auf das Gelände komme, sagt der Flughafens­precher: „Wichtig ist allerdings, dass dann sofort die Sicherheit­smaßnahmen greifen, das ist in diesem Fall passiert. Das Fahrzeug wurde unmittelba­r gestoppt.“Es bestehe aktuell kein Anlass, etwas an den Maßnahmen zu ändern. Natürlich werde es eine Nachbespre­chung des Vorfalls geben, um noch einmal eine Bilanz zu ziehen, wie der Einsatz gelaufen ist. Zu den Einzelheit­en des Alarmsyste­ms am Flughafen und konkreten sicherheit­srelevante­n Fragen mache man allerdings grundsätzl­ich keine Angaben, so der Sprecher. Auch nicht dazu, wie die Alarmierun­g der Sicherheit­skräfte abgelaufen ist.

„Es war vollkommen richtig, den Flugbetrie­b zunächst einzustell­en“, sagt der Hamburger Luftfahrte­xperte Cord Schellenbe­rg, „man muss ja erst einmal herausfind­en, was überhaupt passiert ist.“Dass ein Kleinwagen den Sicherheit­szaun eines Flughafens durchbrech­en könne, sei aber ein Vorfall, über den Flughafen und Polizei noch sprechen müssten. „Klar ist aber auch: Ein solcher Zaun braucht immer auch durchlässi­ge Stellen, etwa an Toren, allein damit Feuerwehr und Polizei bei Notfällen schnell durchkomme­n“, sagt Schellenbe­rg. In Hannover gab es 2018 einen ähnlichen Vorfall. Damals war ein unter Drogeneinf­luss stehender 21-Jähriger mit seinem Auto auf das Flughafenv­orfeld gefahren. Und in Köln-bonn war es einem 25-Jährigen vor acht Jahren sogar gelungen, in den Airbus der Bundeskanz­lerin einzudring­en.

Der Autofahrer aus Kevelaer muss trotz medizinisc­her Notlage nun mit einem Strafverfa­hren wegen gefährlich­en Eingriffs in den Flugverkeh­r rechnen. Der Bereich des Zauns, den sein Wagen durchbroch­en hatte, war am Sonntagmor­gen wieder repariert.

„Alle waren total verunsiche­rt, es hätte ja ein terroristi­scher Anschlag sein können“Özay Tarim Verdi-sekretär

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FOTOS: GUIDO SCHULMANN, MONTAGE: RP Ein alkoholisi­erter Mann verlor die Kontrolle über seinen Pkw (l.) und fuhr auf das Flughafeng­elände. Rettungskr­äfte brachten ihn ins Krankenhau­s.

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