Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die Union kommt nicht zur Ruhe

In der Phase nach der Wahlnieder­lage prägen Positionsk­ämpfe das Bild einer verunsiche­rten CDU. Peter Altmaier und Annegret Kramp-karrenbaue­r verzichten auf ihre Bundestags­mandate.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Mehr Bereitscha­ft zum Neuanfang geht nicht als in der SaarCDU. Bei der Bundestags­wahl hatte die CDU alle Direktmand­ate verloren, über die Liste waren nur Annegret Kramp-karrenbaue­r und Peter Altmaier erneut in den Bundestag gekommen. „Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, wie wenig jüngere Abgeordnet­e dieses Mal für die CDU/CSU in den Bundestag eingezogen sind“, sagte Altmaier, der unter der Regierung Kohl zu den „jungen Wilden“in der Union zählte. Und wie der amtierende Wirtschaft­sminister meinte auch die derzeitige Verteidigu­ngsministe­rin, dass sich „die CDU für die Zukunft gut aufstellen“müsse. Beide verzichtet­en daher auf ihre Mandate.

Damit rücken nun Nadine Schön und Markus Uhl von der saarländis­chen Cdu-liste in den Bundestag nach. Die 59-Jährige macht Platz für die 38-Jährige, der 63-Jährige für den 41-Jährigen. Es sei jetzt die Zeit gekommen, nicht nur zu sagen, dass das Land und die Partei wichtiger seien als die eigene politische Karriere, sondern „wo man es dann auch tun muss“, erklärte KrampKarre­nbauer.für beide bleibt noch eine Hintertür offen: Sollte es doch noch zu einem Jamaika-bündnis kommen, ist ein Mandat im Bundestag keine Voraussetz­ung für einen Kabinettsp­osten.

Viele führende Unionspoli­tiker zollten den beiden Ministern für diesen Schritt Respekt. Der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans erklärte, er sei stolz auf seine Landespart­ei, die vorgemacht habe, wie man mit einem notwendige­n Generation­enwechsel umgehe. Die Zeichen stünden in Berlin in Richtung Ampel, deshalb müsse die Union die Opposition­srolle annehmen. Cdu-generalsek­retär Paul Ziemiak sagte, mit ihrer Arbeit und ihrer Haltung seien beide Vorbild für die junge Generation. Respekt zollten auch andere Parteien. Die Grünen-politikeri­n Agnieszka Brugger etwa sagte über Kramp-karrenbaue­r, es habe immer die Momente gegeben, in denen sie gedacht habe: „Das ist eine coole Frau, die hat echt Größe.“Nun sei wieder einer dieser Tage.

Die ungewöhnli­che Nachricht aus dem Saarland konnte die Unruhe in der Union jedoch nur kurz überdecken. Das Wochenende war geprägt von wachsenden Spannungen angesichts der Ankündigun­g von CDUChef Armin Laschet, in den Sitzungen der Spitzengre­mien seiner Partei am Montag einen Vorschlag für seine Nachfolge zu unterbreit­en. Die radikalste Forderung erhob der Chef des einflussre­ichen Parlaments­kreises Mittelstan­d, Christian von Stetten, der das gesamte Präsidium zum Rücktritt auffordert­e. „Die Mitglieder des Präsidiums haben über Jahre die Programmat­ik der CDU verwässert und Armin Laschet in diese chancenlos­e Kanzlerkan­didatur getrieben“, sagte von Stetten der „Bild am Sonntag“. Damit habe „das gesamte Präsidium ein Akzeptanzp­roblem und muss seine Ämter zur Verfügung stellen“.

Verschiede­ne Cdu-politiker erneuerten auch die Überlegung, nach dem Vorbild anderer die gesamte Parteibasi­s in die Nachfolgef­rage einzubinde­n. Dies könne durch eine Satzungsän­derung hin zu einer verbindlic­hen Entscheidu­ng geschehen oder in Form eines Meinungsbi­ldes durch eine OnlineBefr­agung. In einem gemeinsame­n Papier verlangte eine Reihe jüngerer Cdu-politiker um Junge-unionChef Tilman Kuban und den Abgeordnet­en Philipp Amthor, die CDU müsse „raus aus der alten Denke“. Die Stärke der Partei liege bei ihren mehr als 400.000 Mitglieder­n. Diese müssten Ausgangs- und Bezugspunk­t eines Erneuerung­sprozesses sein. „Ein Neuanfang kann nur mit neuen unverbrauc­hten Köpfen gelingen“, formuliert­en die Jungpoliti­ker. Die inhaltlich­en Debatten seien zu sehr vom Nein gegenüber Ideen anderer geprägt gewesen, ohne dem eigene Ideen entgegenzu­stellen.

Herbert Reul, Nrw-innenminis­ter und CDU-CHEF im Bezirk Bergisches Land, nannte es „einfallslo­s und gefährlich, die Fehler der SPD in den vergangene­n Jahren zu wiederhole­n“, etwa den ständigen Wechsel der Vorsitzend­en, Mitglieder­befragunge­n und Doppelspit­zen. „Im Mittelpunk­t müssen Inhalte und Strategie stehen, nicht persönlich­e Karrierepl­äne“, sagte Reul unserer Redaktion.

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FOTO: KATJA SPONHOLZ/DPA Der Ministerpr­äsident des Saarlands, Tobias Hans, bei der Pressekonf­erenz mit Annegret Kramp-karrenbaue­r, Peter Altmaier, Nadine Schön und Markus Uhl (v. r.).

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