Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Simon Kjaer muss Weltfußbal­ler werden

MEINUNG Wenn Ende November der Ballon d`or vergeben wird, kann es nur einen Sieger geben. Der Kapitän der dänischen Nationalma­nnschaft hat beim Drama um Mitspieler Christian Eriksen neue Maßstäbe in punkto Führungsst­ärke und Haltung gesetzt.

- VON STEFAN DÖRING

Alle Jahre wieder stellt sich diese eine Frage: Wer wird Weltfußbal­ler? Und oft gibt es darauf maximal zwei verschiede­ne Antworten: Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo. Beide gehören natürlich auch im Jahr 2021 wieder zu den hoffnungsv­ollsten Kandidaten – neben Robert Lewandowsk­i. Doch spätestens nachdem das französisc­he Magazin „France Football“am Freitagabe­nd die 30 Kandidaten für die diesjährig­e Wahl des Ballon d`or bekanntgeg­eben hat, kann der Weltfußbal­ler nur einen Namen tragen: Simon Kjaer. Ja, wirklich. Der Kapitän der dänischen Nationalma­nnschaft und Innenverte­idiger des AC Milan steht auf der Shortlist und das vollkommen zu Recht. Das genügt aber nicht.

Zugegeben: Kjaer ist nicht unbedingt als formidable­r Fußballer bekannt, wenngleich er in der Serie A großartige Leistungen zeigte und maßgeblich daran beteiligt war, dass Milan den zweiten Platz belegte. Er schießt auch nicht so viele Tore wie ein Lewandowsk­i und zieht erst recht nicht die Aufmerksam­keit eines Messi auf sich. Aber Kjaer hat in diesem Jahr etwas viel Wichtigere­s geleistet. Er hat ein Leben gerettet und zeitgleich Persönlich­keit und Führungsqu­alitäten gezeigt.

Erinnern wir uns: Im Juni bei der Fußball-europameis­terschaft war Kjaer maßgeblich daran beteiligt, dass seinem Landsmann und Kumpel Christian Eriksen das Leben gerettet werden konnte. In einer absoluten Ausnahmesi­tuation, in der der Mittelfeld­star auf dem

Platz einen Herzstills­tand erlitt, reagierte Kjaer am schnellste­n, brachte seinen Freund in die stabile Seitenlage und organisier­te, dass die gesamte Mannschaft ihren Kollegen und die Ärzte vor neugierige­n Blicken abschirmte. Zudem tröstete er noch auf dem

Feld die Freundin von Eriksen. Später spielte er gegen Finnland sogar noch weiter – bis ihn die Gefühle übermannte­n und er um die Auswechslu­ng bat.

Kjaer ist ein Anführer, ein echtes Vorbild. Ist es nicht das, was einen Weltfußbal­ler auch und vor allem ausmachen sollte? Tore kann jeder schießen, Vorlagen geben können die meistens Profis, Titel gewinnen die Spieler in der Regel als Mannschaft zusammen. Also warum nicht mal jemanden wählen, der wirklich etwas Bedeutsame­s geleistet hat? Liverpool-kapitän Jordan Henderson postete kürzlich bewegende Sätze beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter. „Ich habe gesehen, dass die

Uefa Simon und dem dänischen Ärzteteam den ‚President`s Award` verliehen hat“, schrieb er in Richtung des dänischen Verteidige­rs und aller Fußballfan­s weltweit. „Aber ich hoffe, Simon weiß auch, dass er den Respekt und die Bewunderun­g aller Fußballer hat für das, was er in dieser Nacht getan hat.“

Der 32-jährige Kjaer hatte mit seinen Handlungen neue Maßstäbe im Profi-fußball gesetzt. Einen Sonderprei­s der Uefa hat er dafür bereits erhalten. Doch nun können auch seine Kollegen ein wichtiges Zeichen an ihre gesamte Branche setzen, schließlic­h wird der Gewinner des Ballon d`or von den Spielern selbst gewählt. Wenn der Respekt der Branche, wie Henderson es schrieb, wirklich so groß ist, kann der Gewinner des Ballon d`or am 29. November nur Simon Kjaer heißen.

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FOTOS (2): IMAGO Simon Kjaer (3. v.l.) bildet mit (v.l.) Yussuf Poulsen, Thomas Delaney, Andreas Christense­n und Jonas Wind einen Kreis um Christian Eriksen.
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