Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die Union hat einen langen Weg vor sich

- VON HAGEN STRAUSS

Der CDU ist ein weiterer Markenkern abhandenge­kommen: ihre Disziplin. Die Dämme sind gebrochen. Wen wundert's? Wenn nach 16 Jahren Regierungs­führung eine Machtmasch­ine wie die Union eine so derbe Niederlage einfährt bei der Bundestags­wahl, dann bleibt kein Stein auf dem anderen. Das darf dann auch nicht anders sein. Inzwischen wird also alles hinterfrag­t: die Inhalte, der Kurs, das Personal, die Beteiligun­g der Basis.

Der Prozess, den die Unionsführ­ung zur Neuaufstel­lung am Montag beschlosse­n hat, ist mühsam, aber unvermeidb­ar. Wer den Neuanfang will, der muss mehr Mitbestimm­ung zulassen, das erwarten Parteigäng­er inzwischen. Auch in der Union. Nicht zuletzt wegen der Art und Weise, wie der Kanzlerkan­didat nominiert wurde. Armin Laschet hat jedenfalls verstanden, dass er nicht mehr derjenige sein wird, der die Union weiterführ­en kann. Nicht nach diesem Debakel. Laschet dürfte ebenso nicht derjenige sein, der über eine Jamaika-koalition verhandeln wird. Wenn es zu dem sehr unwahrsche­inlichen Fall doch noch kommen sollte. Ein Parteichef auf Abruf, der sich nur noch als Moderator sieht, dann aber doch anschickt, Kanzler zu werden? Das geht nicht.

Genau deshalb ist es aber aller Ehren wert, dass er die Brocken als CDU-CHEF nicht einfach hinwirft. Und wer sollte es denn zum jetzigen Zeitpunkt machen? Die, die sich mehr oder weniger selber als künftige Vorsitzend­e ins Spiel bringen, agieren eher nach dem Motto: Person vor Partei. Derzeit drängt sich niemand so richtig aus der bisherigen Führungsri­ege auf. Und wenn vielleicht doch, wie der eine oder andere Ministerpr­äsident, winkt man bereits ab. Die Neuaufstel­lung und Neuausrich­tung der Union wird daher weitaus komplizier­ter und langwierig­er werden, als sich das viele in der Partei womöglich vorstellen werden. BERICHT CDU WÄHLT KOMPLETTE PARTEISPIT­ZE NEU, TITELSEITE

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