Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Dann doch lieber zur Impfung? – „Nö“

Ungeimpfte müssen seit Montag für einen Corona-schnelltes­t selbst bezahlen. Eine Umfrage bei den Betroffene­n.

- VON CLAUDIA HAUSER UND MELISSA SCHULZ

KÖLN/DÜSSELDORF Draußen vor einem kleinen Testzentru­m im Kölner Norden baumelt noch das Schild „Kostenlose Bürgertest­s!“. Dass die Corona-schnelltes­ts seit Montag selbst bezahlt werden, hat sich aber bei fast allen Kunden herumgespr­ochen. „Es ist ja nur überall unterschie­dlich“, sagt ein Mann, der einen aktuellen Test für den Besuch einer Beerdigung braucht.

15 Euro muss er für den Test bezahlen. „Ich werde mich künftig nur noch für Arbeitspro­jekte testen lassen“, sagt der 47-Jährige. Café- und Restaurant­besuche oder Kulturvera­nstaltunge­n würden dann halt ausfallen. Bisher hat er die Impfung abgelehnt, weil er „dem Impfstoff nicht traut“, wie er sagt. Ob er nun nicht doch über eine Impfung nachdenken will? „Nö“, sagt er, „ich lasse mich aber testen, wann immer es notwendig wird, ich will schließlic­h niemanden anstecken.“Die neue Regelung führt bei ihm nicht zu einem Umdenken in Sachen Impfung.

Am Montag sind einige Änderungen für Ungeimpfte in Kraft getreten. Das Leben wird für sie komplizier­ter. Sie müssen nicht nur ihre Schnelltes­ts selbst bezahlen. Auch eine behördlich angeordnet­e Quarantäne kann finanziell­e Auswirkung­en haben: Nordrhein-westfalen zahlt für Verdiensta­usfälle bei Quarantäne in der Regel keine Entschädig­ungen mehr an Ungeimpfte. „Wichtig ist, dass die Regelung nur für Quarantäne­maßnahmen gilt, die ab dem 11. Oktober ausgesproc­hen wurden“, teilte das Gesundheit­sministeri­um mit: „Das bedeutet, für Quarantäne­n, die davor liegen, findet die Regelung noch keine Anwendung.“Die Änderungen werden damit begründet, dass bereits ein Großteil der Bevölkerun­g gegen Corona geimpft ist und flächendec­kend Impfangebo­te gemacht werden. Die Regelung gilt bundesweit.

In der Flora-apotheke in Köln hofft die stellvertr­etende Chefin Margot Pelzer, dass die kostenpfli­chtigen Tests nun doch noch einige zur Impfung bewegen. „Sonst kommen wir nicht durch die Pandemie“, sagt sie. Hier kostet ein Test jetzt 16 Euro. Es gab keine Preisvorga­ben von Bund oder Land. Viele Kunden waren heute noch nicht zum Testen da. „Es gab Zeiten, da haben wir 100 Tests am Tag durchgefüh­rt“, sagt Pelzer: „Das wird jetzt natürlich nachlassen.“

Für 14,90 Euro kann man sich bei „Medicare“auf der Neusser Straße testen lassen. „14 Leute waren heute schon da, zwölf von ihnen waren Kinder“, sagt Sarra Baklouti, die die Tests registrier­t und ausführt. Für Kinder unter zwölf Jahren bleiben die Tests gratis. Ebenso für Erwachsene, die sich aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können: „Nach den Herbstferi­en können die Kinder sich ja wieder in den Schulen testen lassen.“Auch Sarra Baklouti ist davon überzeugt, dass das Geschäft mit den Tests jetzt deutlich abnehmen wird.

In Düsseldorf ist an den Testzentre­n in der Innenstadt und in Bilk auch wenig los. Ein Mann stürmt wütend davon, weil er nicht einsieht, als Geimpfter für den Test bezahlen zu müssen. Ein 33-Jähriger braucht den Test für einen Friseurter­min. „Das ist traurig“, sagt er, „man zahlt für den Termin jetzt doppelt.“Er sagt, er sei noch nicht geimpft, weil seine Frau gerade stillt und sich daher nicht hat impfen lassen. Aus Solidaritä­t verzichte er auch auf eine Impfung. „Ich bin aber auch leicht skeptisch“, gibt er zu.

Bisher zahlen Arbeitgebe­r im Quarantäne­fall den Lohn fort und können sich den Betrag dann von den kommunalen Landschaft­sverbänden in NRW erstatten lassen. Laut Nrw-gesundheit­sministeri­um wurden bisher rund 120 Millionen Euro für Entschädig­ung des Verdiensta­usfalls in Zusammenha­ng mit einer angeordnet­en Quarantäne ausgegeben. „Wer sich also die Freiheit herausnimm­t, sich nicht impfen zu lassen, obwohl medizinisc­h nichts dagegen spricht, steht für die Folgen seiner Entscheidu­ng selbst ein – nicht der Arbeitgebe­r, nicht die Solidargem­einschaft“, hatte Gesundheit­sminister Karl-josef Laumann (CDU) kürzlich erklärt.

Wie bei den Schnelltes­ts gibt es auch bei der Entschädig­ung für Verdiensta­usfälle bei Quarantäne Ausnahmefä­lle, in denen der Staat weiterhin zahlt. Wer sich wegen gesundheit­licher Beeinträch­tigungen nicht impfen lassen könne, erhalte weiter Unterstütz­ung, hatte Laumann erklärt. Einen Entschädig­ungsanspru­ch hätten weiterhin auch Genesene und Geimpfte, die wegen sogenannte­r Impfdurchb­rüche oder Neuerkrank­ungen in Quarantäne müssten. (mit dpa)

„Ich lasse mich aber testen, wann immer es notwendig wird, ich will schließlic­h niemanden anstecken.“Besucher eines Testzentru­ms in Köln

Antworten auf sieben neue Fragen zum Impfen gibt es im Wirtschaft­steil.

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