Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Abseits, aber doch ein gültiges Tor
Warum der umstrittene Treffer von Kylian Mbappé gegen Spanien regelkonform ist.
DÜSSELDORF Es war die entscheidende Szene des Nation-leagueFinalspiels zwischen Spanien und Frankreich: Linksverteidiger Theo Hernandez spielt in der 80. Minute einen Steilpass auf Kylian Mbappé, der aus Abseitsposition das 2:1 für Frankreich erzielt – Spanien kann nicht mehr zurückschlagen, das Tor bedeutete somit auch den Titelgewinn für Frankreich. Trotz Überprüfung durch den Videoassistenten ( VAR) zählte das Tor, was für heftige Diskussionen im Internet sorgte.
Aber warum hat der VAR dieses vermeintlich regelwidrige Tor nun gegeben? Der spanische Innenverteidiger Eric Garcia hatte mit einer Grätsche versucht, den Ball zu bekommen, touchierte diesen aber nur leicht, sodass der Ball doch bei Mbappé landet, der frei vor dem spanischen Torwart Unai Simon einschieben konnte. Entscheidend für die Entscheidung der Schiedsrichter ist die absichtliche Ballberührung Garcias, die die Abseitsregelung beeinflusst. Es handelt sich hierbei um ein „deliberate play“(auf deutsch: absichtliches Spiel).
Sobald ein Spieler des Gegners einen Pass absichtlich berührt, wird die Abseitsposition des Angreifers aufgehoben, sofern der Verteidiger nicht beeinflusst wird. Inwiefern der
Ball dabei seine Richtung ändert, ist unwichtig für die Regelauslegung. Mbappé war zu weit von Garcia entfernt, um ihn in einem Zweikampf zu stören, weswegen das Tor regelkonform ist.
Das „deliberate play“existiert seit 2013 mit der Begründung, dass es Stürmern helfen solle, mehr Tore zu schießen. Dass diese Regel für Diskussionsbedarf sorgt, ist unumstritten und bereits bekannt. Unter einem Twitter-post des Podcasts „Collinas Erben“über diese Szene wird die Regel als unsinnig bezeichnet und eher negativ aufgenommen. Die spanische Sportzeitung „Marca“schreibt: „Sie machen den Fußball kaputt. Eine unverständliche Interpretation einer neuen und lächerlichen Abseitsregel seitens des VideoAssistenten ruiniert Spanien“.
Schon im vergangenen Jahr wurde über diese Regel diskutiert, als Borussia Dortmunds Stürmer Erling Haaland im Achtelfinale des DFBPokals gegen den SC Paderborn in der Verlängerung nach einer ähnlichen Spielsituation ein Tor aus Abseitsposition schoss. Das 3:2 zählte, Haaland besorgte damit den Endspielstand.
Ob die „Deliberate-play-regelung“nun unsinnig, unfair oder richtig ist, wird sicher ein Diskussionsthema unter Fans und Profis bleiben. Aber sie besteht und macht das Mbappé-tor regelkonform.