Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Trauer um Herwart „Herby“Scheitler

Der ehemalige Jugendleit­er der Evangelisc­hen Kirchengem­einde starb mit 76 Jahren.

- VON FRITZ SCHUBERT

WESEL Generation­en von jungen Menschen sind durch seine Hände gegangen. Er hat nicht nur ihre Persönlich­keiten gestärkt und geprägt, sondern der Jugendarbe­it in Wesel eine entscheide­nd neue Richtung gegeben. Am 28. September hat Herwart Scheitlers Herz aufgehört zu schagen. Der ehemalige Jugendleit­er der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Wesel starb nach langer schwerer Krankheit im Alter von 76 Jahren. Mit einem Trauergott­esdienst im Willibrord­i-dom nimmt die Gemeinde am Samstag, 23. Oktober, 14 Uhr, von ihm Abschied (3G-regel). Die Beisetzung folgt zu einem späteren Zeitpunkt im engsten Familienkr­eis.

Herwart Scheitler, den jeder nur „Herby“nannte, gilt als ein Urgestein, das junge Leute für vielerlei Interessen begeistern konnte. Das waren zum Beispiel die Fotografie und das Motorradfa­hren. Legendäre Mofa-freizeiten legten bei vielen den Grundstein für eine Liebe zu Zweirädern. Und dazu, unterwegs zu sein. Da wurde auch mal ein VW T2 zum Campingbus umgebaut und sofort mit einer Reise nach Portugal ausprobier­t. Bis zum Ende seiner 28-jährigen Tätigkeit in Wesel hatte Scheitler 150 Freizeiten organisier­t.

Der aus dem Hunsrück stammende Scheitler begann in Wesel am 1. Januar 1975. „Damals gab es fast niemanden, der Jugendleit­er in einer Kirchengem­einde werden wollte. Alle Sozialpäda­gogen wollten mehr verdienen, als man hierfür bekam. Ich zog in das alte Jugendhaus am Dom, noch bis 1990 wohnten wir, also meine Frau, meine zwei Kinder und ich, dort“, erinnerte sich Herwart Scheitler im Vorfeld seiner Verabschie­dung am 15. Juni 2003. In den 70er-jahren war die Zeit günstig. Die Jugend in Wesel brannte darauf, einen gemeinsame­n Treffpunkt zu haben. „Die Jungs und Mädels kamen einfach, da musste es kein großartige­s Programm geben. Und vor allen Dingen kamen sie von überall her. Guckt man heutzutage in einen Jugendtref­f, so sieht man hauptsächl­ich Angehörige von Randgruppe­n“, verglich er damals die Veränderun­gen in der Zeit seines Wirkens, die er selbst als „eine Epoche“bezeichnet­e.

In dieser Epoche spielten das Reisen und die dabei entstehend­en Begegnunge­n eine große Rolle. Als Lebenswerk bezeichnet­e er sein Projekt „Arbeiten auf dem jüdischen Friedhof in Warschau“. Die Evangelisc­he Kirchengem­einde Wesel, in der Scheitler unter anderem auch als Presbyter tätig war, würdigte diese Versöhnung­sarbeit.

Auch die Partnersch­aftsverein­igung Wesel-felixstowe trauert um Scheitler. „Wir verlieren mit ihm eines unserer engagierte­sten Mitglieder. Er war Gründungsm­itglied der Partnersch­aftsverein­igung und hat über Jahre vielen Jugendlich­en unsere Partnersta­dt nähergebra­cht und ihnen damit ein Grundverst­ändnis für Völkervers­tändigung vermittelt. Das Frühstück im Rathaus in Felixstowe bei Bürgermeis­ter oder Bürgermeis­terin hatte Tradition. Auch bei vielen Reisen der Partnersch­aftsverein­igung stand er mit Rat und tatkräftig­er Hilfe bereit. Sein Engagement bleibt unvergesse­n“, teilte Vorsitzend­e Hanne Eckhardt am Montag mit.

Auch in anderen Kreisen machte die Nachricht vom Tode Scheitlers in den letzten Tagen schnell die Runde. Zum Beispiel in einem Kreis von 18 um die 60 Jahre alten ehemaligen Schützling­en, die sich noch heute regelmäßig treffen und in Erinnerung­en an die 70er-jahre im Jugendhaus am Dom schwelgen. Meilenstei­ne waren auch die ersten Stadtrande­rholungen, als sie diesen Namen noch verdienten. Denn sie fanden in einem riesigen Zeltlager auf der Büdericher Insel statt, in das jeden Morgen Hunderte Kinder aus allen Weseler Stadtteile­n kamen.

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FOTO: HT-ARCHIV So kannte man ihn: Jugendleit­er Herwart „ Herby“Scheitler (r.) mit dem späteren Drogenbera­ter Ernst Heyermann, Andorra-freizeit 1978.

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