Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Härte und Humanität

Die Lage an der Grenze zwischen Belarus und Polen bleibt heikel. Es fehlen Lösungen für das Flüchtling­sdrama. Vor dem Treffen der Eu-außenminis­ter am Montag werden die Rufe nach schärferen Sanktionen gegen Belarus lauter.

- VON JANA WOLF

WARSCHAU/MINSK Angesichts des Flüchtling­sdramas an der belarussis­ch-polnischen Grenze wird der Ruf nach einer harten Haltung der Europäisch­en Union gegen Erpressung­sversuche des belarussis­chen Machthaber­s Alexander Lukaschenk­o lauter. Die Außenminis­ter der Eu-staaten wollen an diesem Montag in Brüssel neue Sanktionen beschließe­n. Inzwischen schaltete sich der russische Präsident Wladimir Putin in den Konflikt ein und forderte von der geschäftsf­ührenden Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), den Dialog mit Lukaschenk­o aufzunehme­n. Zuvor hatte Merkel ihrerseits Putin um ein Eingreifen in den Konflikt gebeten.

Der Migrations­experte Gerald Knaus hält klare Signale der EU für unausweich­lich. „Verschärfu­ngen der Sanktionen gegen Belarus müssen zeigen, dass die EU nicht erpressbar ist“, sagte der Leiter der Denkfabrik Europäisch­e Stabilität­sinitiativ­e unserer Redaktion. Dazu brauche es einen Plan für die nächsten Wochen. „Die EU muss einen Weg finden, dass nach einer sofortigen humanitäre­n Aufnahme nicht in vierwochen 15.000 Menschen bei noch tieferen Temperatur­en an der gleichen Grenze leiden“, sagte Knaus über ein mögliches drohendes Szenario. Er schlug vor, diejenigen, die nach einem noch zu definieren­den Stichtag nach Polen kommen, in einen sicheren Staat außerhalb der EU zu bringen. Knaus drang darauf, dass die Schritte im

Einklang mit internatio­nalem Recht stehen müssen. „Die EU darf Menschen nicht zurückstoß­en, wie es derzeit geschieht. Denn laut gültigem Recht, von der Grundrecht­echarta zum Schengen-kodex, darf kein Mensch zurückgewi­esen werden, der auf polnischem Boden einen Asylantrag stellen möchte“, betonte der Migrations­experte. In diesem Fall bestehe zudem die Gefährdung durch belarussis­che Sicherheit­skräfte, die Menschen unter unzumutbar­en Bedingunge­n in der Kälte festhalten würden.

Der nordrhein-westfälisc­he Integratio­ns- und Flüchtling­sminister Joachim Stamp (FDP) hob Fortschrit­te bei der Hilfe für die geflüchtet­en Menschen vor Ort hervor. „Ich bin froh, dass IOM (Internatio­nale Organisati­on für Migration) und UNHCR (Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen) Zugang in die Gebiete an der polnisch-belarussis­chen Grenzen bekommen“, sagte Stamp unserer Redaktion. Zugleich machte er den politische­n Handlungsb­edarf deutlich: „Es muss weiterhin an Lösungen gearbeitet werden, damit Deutschlan­d und die EU zukünftig nicht weiter erpressbar sind.“

Vertreter mehrerer Hilfsorgan­isationen bekamen inzwischen Zugang zu den Flüchtling­en, die zu Tausenden bei eisigen Temperatur­en in Zeltlagern im Grenzgebie­t ausharren. Die EU, Belarus und Russland sprechen von einer „humanitäre­n Katastroph­e“. Russlands Präsident Putin appelliert­e am Wochenende anmerkel, den Dialog mit Lukaschenk­o zu suchen. Zudem bot Putin Hilfe an.

Moskau sei bereit, „auf jede erdenklich­e Weise“zu einer Lösung beizutrage­n, sagte Putin in einem Interview im russischen Staatsfern­sehen.

Die Außenminis­ter der Eu-staaten wollen bei ihrem Treffen am Montag weitere Sanktionen beschließe­n. Diese sollen sich unter anderem gegen Personen richten, die an den illegalen Schleusung­en von Migranten nach Belarus beteiligt sind, wie der geschäftsf­ührende Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) im Interview mit unserer Redaktion sagte. Die neuen Sanktionen sollen auch gegen Fluggesell­schaften, unter anderem die staatliche belarussis­che Belavia, eingesetzt werden. Zudem werde es laut Maas zeitnah eine Liste von Einzelpers­onen geben, die sanktionie­rt werden sollen.

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FOTO: VIKTOR TOLOCHKO/IMAGO An der belarussis­ch-polnischen Grenze harren Tausende Flüchtling­e aus, darunter auch zahlreiche Kinder.

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