Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Heimsieg beim Deutschland-cup
Das deutsche Eishockey-team gewinnt alle drei Spiele beim Vierländerturnier in Krefeld. Doch die wenigen Zuschauer, der Ärger im Verband und die unsichere Zukunft des Bundestrainers bereiten Sorgen.
KREFELD Die letzten Minuten verbrachte das Publikum am Sonntag in Krefeld im Stehen. Singend, klatschend, Fahnen schwenkend. Und als die Auswahl des Deutschen Eishockey-bundes (DEB) kurz später eine Ehrenrunde mit dem Pokal drehte, war der Nachmittag endgültig gelungen. 4:1 hatte das Nationalteam das letzte Spiel des diesjährigen Deutschland-cups gegen die Slowakei gewonnen. Und weil es zuvor bereits Russland (4:3) und den Erzrivalen Schweiz (3:0) geschlagen hatte, stand am Ende der erste Turniersieg seit 2015.
„Ich kann den Spielern nur gratulieren, wir haben eine sehr starke Woche geliefert“, sagte Bundestrainer Toni Söderholm, der nun vor der schweren Aufgabe steht, die besten Spieler für Olympia im Februar auszuwählen. Noch umfasst die Liste 67 Akteure, kürzer sei sie nicht geworden, sagte der Trainer, der in Krefeld mehrere Spieler testen wollte – und so gut wie alle machten ihre Sache gut. Am auffälligsten waren allerdings drei, die ihr Peking-ticket ziemlich sicher haben: Die Torjäger Tobias Rieder (vier Treffer) und Leo Pföderl (drei) sowie Spielmacher Marcel Noebels, der gleich fünf Treffer vorbereitete. Teilweise mit herrlichen Pässen.
Enttäuschend war hingegen der Rahmen. „Wir haben natürlich auf mehr Zuschauer gehofft“, sagte Noebels bereits nach dem Auftakt, den nur 1568 Fans sehen wollten, obwohl es das erste Heimspiel mit Publikum seit zwei Jahren war. Und obwohl die Deb-auswahl bei der WM im Frühjahr mit Platz vier begeistert hatte. Auch am Samstag (2678) und am Sonntag (2309) kamen nur wenige Fans. „Es ist, wie es ist“, sagte Deb-sportdirektor Christian Künast und verwies auf die Pandemie: „Es ist eine schwierige Zeit, man sieht es an anderen Sportarten.“
Derzeit hat der DEB ohnehin andere Sorgen, es brodelt intern. Zwar war lange bekannt, dass der ehrenamtliche Präsident Franz Reindl über Jahre bezahlter Geschäftsführer einer Tochterfirma war. Aber seit dem Sommer monieren Kritiker, die Tochter sei nur durch die Vermarktungsagentur Infront am Leben gehalten worden – also von der Agentur, mit der Reindl als DEBPräsident Verträge schloss. Ein Interessenkonflikt? Im Oktober riet die Ethikkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes „dringend“dazu, den Fall „umfassend und unabhängig zu prüfen“.
Es müsse geklärt werden, „ob eine verdeckte Finanzierung der ehrenamtlichen Funktion des Präsidenten vorliegt. Das wäre nicht in Ordnung.“Derzeit arbeitet eine vom DEB beauftrage Kanzlei das Thema auf. Was nichts daran änderte, dass Reindl die Opposition nun bei „Magentasport“scharf anging: Es gäbe „zwei, drei Leute, die nicht die Aufklärung wollen, sondern die Vernichtung“, sagte Reindl, der mit keinem Wort auf die Vorwürfe einging und alles als persönliche Fehde gegen ihn abtat. „Ich weiß nicht, was ich diesen Menschen getan habe und woher der Hass kommt. Ich habe niemandem etwas getan.“
Ausgestanden ist das Thema damit natürlich nicht, und es birgt ein weiteres Problem: Es könnte Einfluss auf die Zukunft des Bundestrainers haben, dessen Vertrag läuft aus. Vor dem Turnier sagte Toni Söderholm: „Im Verband ist das Wichtigste, dass der Sport die Nummer eins bleibt.“Lust auf Kleinkriege hat er also weniger. Zudem dürfte er nach den jüngsten Erfolgen andere Angebote haben, kürzlich war er beim NHL-TEAM aus Florida zu Gast. Und selbst, wenn es (noch) keinen Platz für ihn in der Eliteliga geben sollte, europäische Klubs dürften durchaus interessiert sein.
„Dass der Toni begehrt ist, freut uns, das zeichnet auch die Arbeit bei uns aus“, sagte Deb-sportdirektor Künast nun in Krefeld. In den nächsten Wochen soll es ein Gespräch geben: „Wir haben ein großes Jahr vor uns, dann sollte dieses Thema irgendwann vom Tisch sein. Auf alle Fälle vor der WM.“Die steigt im Mai in Finnland.
Geht es nach den Spielern, bleibt Söderholm auch danach beim DEB, „aber wir wissen auch, wie gut er ist“, sagte Kapitän Marco Nowak von der DEG. Söderholm selbst gab sich am Sonntagabend bedeckt. Ob er sich schon entschieden habe? „Nein.“Ob er das noch vor Olympia mache? „Ich habe auf jeden Fall keinen Druck.“