Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Macht der Karikatur
Cartoonist Olaf Schwarzbach erhielt in Dresden den „Geflügelten Bleistift in Gold“.
DRESDEN Von Karikaturisten hat der sächsische Comedian Olaf Schubert ein klares Bild. Es sind einsame Menschen, zweimal im Jahr bekommen sie Besuch – von der Oma und vom Gerichtsvollzieher. Arbeiten wollen sie auch nicht – sie haben eine Idee, und in drei Minuten ist die Zeichnung fertig. Schubert: „Und so sehen auch die meisten Karikaturen aus.“
Natürlich hat der Spötter unrecht. Es ist eine hohe Kunst, einen „gebildeten“Kommentar abzuliefern, der dem Betrachter in fünf Sekunden erklärt, wie Politik funktioniert und in welche Abgründe Menschen stolpern können. Und diese Kunst macht Spaß, wenn auch viel Arbeit. „Normal, aber anders“? lautete das Motto des diesjährigen Deutschen Karikaturenpreises, der am Sonntag im Schauspielhaus Dresden verliehen wurde. Zum 22. Mal hat die „Sächsische Zeitung“aus Dresden die Auszeichnung vorgenommen, seit sechs Jahren ist der Bremer „Weser-kurier“dabei, und im kommenden Jahr wird auch die „Rheinische Post“teilnehmen. Da passt es, dass die Veranstaltung 2022 von der Elbe an den Rhein wandert.
Dass Karikaturisten ähnlich wie Satirikern nichts heilig ist, zeigt die mit dem „Geflügelten Bleistift in Gold“ausgezeichnete Arbeit des Siegers, des 56-jährigen Olaf Schwarzbach. „Mohrrübe sagt man nicht, das heißt Karotte“lautet der Text in einem liebevoll gemalten Cartoon, in dem eine große und kleine Kartoffel an der eleganten Karotte vorbeilaufen. So vermeidet der Berliner Karikaturist das M-wort – eben normal, aber anders.
Die Silber-trophäe ging an den Hamburger Werbezeichner und Cartoonist Kai Flemming (57), der in seiner Karikatur parodistisch „rassistische Klischees“bedient. Den „Geflügelten Bleistift in Bronze“erhielt die Wahlberlinerin Katharina Greve (49) für ihre hintersinnige Zeichnung, dass sich Nazis nach eigener Wahrnehmung nicht nur auf Antisemitismus reduzieren lassen wollen. Die Karikatur bezieht sich aufs Attentat auf die Synagoge in Halle – böser geht es nicht. Newcomerin des Jahres ist Annika Frank (30), die gekonnt Eltern-kind-konflikte in Corona-zeiten aufspießte.