Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine Nacht lang Hoffnung und ein Neuanfang
Mit der Premiere von „Eine Sommernacht“hat die Burghofbühne einen Erfolg gefeiert: Die Zuschauer wurden beim Gefühl gepackt.
DINSLAKEN (bes) Das Ambiente stimmte schon mal. Die Techniker der Burghofbühne verstehen es nicht nur, Darstellende auf der Bühne ins rechte Rampenlicht zu setzen. Am Freitagabend tauchten sie den gesamten Tenterhof in atmosphärisches Licht. Begrüßt wurden die Theaterbesucher im Hof, und dort wurden sie auch gleich darauf aufmerksam gemacht, wo es in der Pause den Wein gebe. Denn der gehörte zum Besuch der „Sommernacht“im November dazu.
Die Burghofbühne feierte am Freitag die Premiere eines Stücks für den Abendspielplan, das noch häufiger in Dinslaken, und zwar im eigenen Hause, aufgeführt werden soll, um das Landestheater so noch tiefer in der Stadt zu verankern. Gleichzeitig bietet sich damit für das Team des Kinder- und Jugendtheaters der Burghofbühne die Chance, sich einem erwachsenen Publikum vorzustellen, während das Ensemble des Abendspielplans auswärts Gastspiele gibt. Ein Schritt, der angesichts der schauspielerischen Qualität, die hier geboten wird, längst überfällig war.
Anna Scherer, die Leiterin des Kinder- und Jugendtheaters, hat „Eine Sommernacht“von David Greig inszeniert: eine romantische Liebeskomödie, ein Stück über die Suche nach dem Warum? und dem Was-kommt? im Leben. Ein Stück nicht über das Erwachsenwerden, sondern über das Erwachsensein.
„Mit 35 wird nichts mehr aus einem werden, was man nicht längst schon geworden ist.“Dies glaubt Helena (Antonia Dreeßen), Scheidungsanwältin, Singlefrau und vielleicht schwanger. Und dies empfindet auch Bob ( Tom Gerngroß) so. Ein Kleinkrimineller, dessen Kreativität sich schon lange in Unscheinbarkeit verwässert hat. Sein Kultlied aus Jugendtagen, Becks „I'm a loser, Baby“hat er für sich selbst verinnerlicht. Und nun das: Helena gabelt ihn auf, nimmt ihn mit nach
Hause. Ein Abenteuer, eine Flucht vor sich selbst, den Rest erledigt der Alkohol. Aber es kommt, wie es kommen muss. Die beiden können nicht voneinander lassen und machen mit einer Plastiktüte voller Geld die kürzeste Nacht des Jahres zu ihrer längsten.
Kneipentour und Sommerregen, eine vermasselte Hochzeit und ein
nächtlicher Besuch eines Musikgeschäfts und eines Bondageclubs. Das meiste erzählen Dreeßen und Gerngroß in der dritten Person. Und doch bleibt genug Raum für so witzige wie tiefsinnige Dialoge miteinander und im Fall von Bob auch mit einem Teil seiner selbst. Für irre Huckepack-jagden, die den CO2-PEgel in der Remise des Tenterhofs so hochjagen, dass sofort gelüftet wird. Für Figurenspiel mit Skelett und Elmo und für ein Bad in Konfetti. Und nicht zu vergessen für die Musik. „Eine Sommernacht“durchwehen die Songs von Gordon Mcintyre und die Klänge von Jan Exner, die Dreeßen und Gerngroß live auf die Bühne bringen.
Lang anhaltender Applaus für eine Liebeskomödie, die in der dunklen Jahreszeit den Sommer verspricht und die Hoffnung, dass es nie zu spät ist, neu zu beginnen.