Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Scholz und Macron betonen Einigkeit
Frankreichs Präsident besucht Berlin. Beim Gespräch mit dem Kanzler besteht nur wenig Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende.
Dieser deutsch-französische Gipfel ist ein Symbol der Freundschaft in Kriegszeiten: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) empfängt den frisch wiedergewählten französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zum Antrittsbesuch just an dem Tag, an dem Wladimir Putin in Moskau die traditionelle Militärparade zur Feier des Sieges über Deutschland vor 77 Jahren abhalten lässt.
Zu Beginn ihres Treffens bekennen sich beide zu einem einigen Europa. Scholz erläutert, dass es um „neuen Schwung“für Europa gehe. Der „entsetzliche Angriffskrieg“Russlands auf die Ukraine schweiße die europäischen Partner zusammen; es gelte auch, zusammen zu handeln. Der Kanzler weiter: „Die Ukraine gehört zur europäischen Familie.“Er verweist auf die von der Regierung in Kiew vorgelegten Anträge. Scholz hebt in der Pressekonferenz zudem die Eu-beitrittsprozesse der Staaten des westlichen Balkans hervor. Hier müssten Blockaden überwunden werden. Macron stimmt dem „lieben Olaf“zu. Die EU habe gemeinsam reagiert: Man habe die Ukraine unterstützt und Russland sanktioniert. „Wir müssen alles tun, um die Demokratie zu schützen“, so Macron – um die Ukraine zu unterstützen und die eigene Bevölkerung vor einer Ausweitung des Krieges zu schützen.
Das Bündnis Berlin-paris steht angesichts des Kriegs unter besonderem Druck, Frankreich hat die EURatspräsidentschaft inne. Scholz und Macron wollen die EU einen, sie zusammenhalten in ihrer Unterstützung für die Ukraine und in der Umsetzung eines Embargos russischer Energielieferungen.
Hinzu kommt, dass Scholz und Macron zu Hause in der Kritik stehen. Scholz griff am Sonntag zum seltenen Instrument einer Fernsehansprache, um seinen Kurs in der Ukraine-politik zu erklären. Sein Rückhalt in der Bevölkerung hatte zuletzt gelitten, weil viele Menschen ihn als zu zögerlich wahrnahmen in der Entscheidung für oder gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Und Macron musste um seine Wiederwahl als Präsident bangen und regiert in einem Frankreich, das tief gespalten ist.
Vor dem Besuch Macrons betonte Scholz am Montag in Berlin, die Waffenlieferungen an die Ukraine für den Kampf gegen die russischen Angreifer seien richtig gewesen. „Putin lässt uns keine andere Wahl“, sagte der Spd-politiker bei einer Veranstaltung. Der russische Präsident habe den Frieden in Europa aufs Spiel gesetzt. „Und damit darf er nicht durchkommen. Deshalb helfen wir der Ukraine.“Putin habe den Grundsatz der Unverletzbarkeit der Grenzen in Europa „für sein revanchistisches Projekt eines russischen Imperiums“über Bord geworden, betonte Scholz. „Das hinzunehmen hieße nicht nur, die Opfer im Stich zu lassen. Es hieße, den Aggressor in seinem verbrecherischen Tun noch zu bestärken.“
Zuvor war die Rede Putins zum„tag des Sieges“mit Spannung erwartet worden. So war spekuliert worden, dass Putin eine Generalmobilmachung oder den Einsatz neuer Waffensysteme ankündigen könnte. Dies tat er nicht, auch erwähnte er die Ukraine nicht beim Namen und äußerte sich auch nicht dazu, wie lange die Kämpfe noch anhalten werden.
Am Montagabend, wie zum Trotz, besichtigen Scholz und Macron das Brandenburger Tor. Es ist angestrahlt in den Nationalfarben der Ukraine. Der Eiffelturm in Paris ebenso.