Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Die Bundespart­eien haken das Ergebnis aus Schleswig-holstein schnell ab. Man läuft sich lieber schon warm für Nordrhein-westfalen.

- VON HAGEN STRAUSS, JAN DREBES UND JANA WOLF

Am Tag nach der Wahl in Schleswig-holstein hatten Gewinner und Verlierer eines gemeinsam: Alle richteten ihre Blicke bereits auf den nächsten Urnengang am Sonntag in Nordrhein-westfalen. So reagierten die Bundespart­eien auf den Wahlausgan­g im hohen Norden.

CDU Erst frühstückt­en Wahlgewinn­er Daniel Günther aus Schleswig-holstein und Nrw-ministerpr­äsident Hendrik Wüst am Montagmorg­en in Berlin zusammen. Dann standen sie nach den Gremiensit­zungen der Union auch noch mit dem Cdu-vorsitzend­en Friedrich Merz auf dem Podium. Die Union will Hendrik Wüst jetzt mit aller Macht zum Sieg tragen bei der Landtagswa­hl in NRW. „Rückenwind“war daher das am häufigsten verwendete Wort in der Parteizent­rale nach dem Erdrutschs­ieg im Norden. Doch plötzlich stellt sich für die Partei auch eine strategisc­he Frage. Günther hat einen eindeutig anderen Politiksti­l bevorzugt als der, den der neue Vorsitzend­e Friedrich Merz präferiert. Der eine ist der Mann der bürgerlich­en Mitte, immer dem früheren Merkel-kurs zugeneigt. Der andere ist der deutlich Konservati­vere, eher rechts von der Mitte angesiedel­t. Merz räumte ein: Die Botschaft von Schleswig-holstein sei, „dass wir uns breiter aufstellen müssen, auch was das personelle Angebot angeht“. Zudem haben sich jetzt die Koordinate­n in der CDU verschoben – Günther ist nun einer der mächtigste­n Männer in der CDU neben Merz; sollte Wüst seine Wahl gewinnen, wäre er sogar noch etwas mächtiger als Sieger im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland. Auf die Frage, ob ihm das Sorge bereite, antwortete Merz lachend, er habe keine Sorgen. „Ich freue mich über jeden, der Erfolg hat.“

SPD Für die Sozialdemo­kraten war das Ergebnis in Schleswig-holstein besonders bitter. Nach dem fulminante­n Sieg im Saarland riss das Stimmungsh­och mit dem Wahlausgan­g im Norden jäh ab. Der dritte

Platz nach CDU und den Grünen ist ein Schlag ins Kontor der Bundesspit­ze und des Kanzlers – auch wenn die Parteiführ­ung am Montag darum bemüht war, die Bedeutung kleinzured­en und den Wahlausgan­g nicht als Stimmungst­est für den Bund und schon gar nicht für die NRW-WAHL zu werten. Die Partei werde sich „von solchen Rückschläg­en nicht entmutigen lassen“, sagte SPD-CHEF Lars Klingbeil. Er wies darauf hin, dass die SPD von den zurücklieg­enden neun Wahlen sechs gewonnen habe, darunter die Bundestags­wahl. Die Niederlage in Schleswig-holstein führte er auf spezifisch landespoli­tische Konstellat­ionen und einen sehr starken Ministerpr­äsidenten Daniel Günther zurück. In Nordrhein-westfalen habe dagegen Cdu-amtsinhabe­r

Hendrik Wüst „keinerlei Amtsbonus“, betonte Klingbeil. Er sei überzeugt, dass die SPD dort bei der Wahl „eine gute Chance hat“.

Grüne Nachdem die Grünen als zweitstärk­ste Kraft aus der Wahl hervorgega­ngen sind, strotzen sie vor Selbstbewu­sstsein. Parteichef­in Ricarda Lang sprach am Montag von einem „Wahnsinnse­rgebnis“in Schleswig-holstein. Die Spitzenkan­didatinnen Monika Heinold und Aminata Touré hätten gezeigt, „wie gut Grün regieren kann“, so Lang. Die so bejubelte Heinold betonte, dass die Grünen inzwischen zu den „großen starken Parteien“gehören. Mit diesem Anspruch wollen sie nun in Sondierung­sgespräche mit der CDU gehen. Große Hoffnung hat die Partei jetzt auch mit Blick auf NRW. Anders als in Schleswig-holstein gebe es dort eine „große Wechselsti­mmung“, so Lang.

FDP „Leider ist das Ergebnis nicht so, wie wir es uns alle gewünscht hätten“, räumte Parteichef Christian Lindner ein. In NRW sei die Lage anders, schob Lindner nach: „Wir haben dort nicht einen vergleichb­ar populären Ministerpr­äsidenten wie Daniel Günther in Schleswig-holstein.“Daher strebe die FDP eine Fortsetzun­g der schwarz-gelben Regierung in NRW an. Pikant: In Schleswig-holstein verloren die Liberalen an alle anderen Parteien, sie gewannen nur Wähler von der AFD.

AFD Für die AFD war das Ergebnis historisch – erstmals flog sie aus einem Landtag wieder heraus. Eine Pressekonf­erenz wurde kurzfristi­g abgesagt. Parteichef Tino Chrupalla erklärte schriftlic­h, man werde sich nun in NRW auf „unsere klassische­n Themen wie Innere Sicherheit, hohe Energiepre­ise und Migration“konzentrie­ren.

Linke Deren Niedergang setzte sich ungebremst fort. Zuletzt hatte die Partei ein Sexismussk­andal erschütter­t. Parteichef­in Janine Wissler wertete die krachende Wahlnieder­lage als sehr bitter. Konsequenz­en? Fehlanzeig­e. Man werde jetzt in Nordrhein-westfalen um jede Stimme kämpfen, sagte sie.

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FOTO: DPA Daniel Günther (r.) feierte mit Hendrik Wüst (l.) und CDU-CHEF Friedrich Merz am Montag seinen Sieg.

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