Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der VRR-CHEF muss gehen

Weil die Cdu-fraktion im Verkehrsve­rbund Rhein-ruhr Ronald Lünser das Vertrauen entzogen hat, sieht der Manager keine Grundlage mehr für eine weitere Zusammenar­beit. Eine Nachfolger­in soll intern auch schon gefunden sein.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Der Verkehrsve­rbund Rhein-ruhr ( VRR) steht vor einem Führungswe­chsel. In einem dreiseitig­en Schreiben an den Oberbürger­meister der Stadt Hagen, Erik Schulz (parteilos), das unserer Redaktion vorliegt, bittet Vorstandsc­hef Ronald Lünser um eine zeitnahe „einvernehm­liche Regelung zur Abwicklung meines Anstellung­svertrags“. Lünser begründet das mit dem Mangel an Rückhalt bei der CDU, die ihn 2019 zum VRR geholt hatte. Die Fraktion habe am 3. Februar beschlosse­n, dass sie die Wiederwahl Lünsers nicht unterstütz­en wolle. „Das bedeutet für mich, dass meine Wiederwahl als Vorstandss­precher für eine zweite Vertragspe­riode ab dem 1. Januar 2024 schon heute als aussichtsl­os erscheint, weil die Stimmenver­teilung im Verwaltung­srat nicht ausreicht, um allein mit den Stimmen der Grünen und der SPD die notwendige Zweidritte­lmehrheit zu erreichen“, erklärt Lünser.

Lünser selbst wollte sich nicht zu dem Schreiben äußern. Auch das Nrw-verkehrsmi­nisterium lehnte eine Kommentier­ung des Vorgangs ab. Der Fraktionsv­orsitzende der CDU im VRR, Frank Heidenreic­h, bestätigte hingegen gegenüber unserer Redaktion den Vorgang: „Die Verbandsve­rsammlung hat mit Stimmen von CDU, SPD und Grünen – also einstimmig – dafür votiert, die Position von Herrn Lünser nach Ende seiner Vertragsla­ufzeit oder auch früher neu zu besetzen. Seine vorangegan­gene Beschäftig­ung bei seinem alten Arbeitgebe­r Abellio hat sich in der Rückschau als problemati­sch erwiesen.“

Der Vertrag mit der Tochterfir­ma der niederländ­ischen Staatsbahn war nach der Abellio-insolvenz Ende Januar beendet worden. Um mit einer Notvergabe den Weiterbetr­ieb auf den betroffene­n Strecken zu gewährleis­ten, gab NRW 380 Millionen Euro an zusätzlich­er Hilfe, von denen allein dieses Jahr 93 Millionen Euro fällig werden. Lünser war 2019 Nachfolger von Martin Husmann an der Spitze des VRR geworden; zuvor war er zwölf Jahre lang Abellio-chef gewesen. In Vrr-kreisen hieß es, er habe sich zu lange nicht eingestehe­n wollen, dass das Abellio-abenteuer an sein Ende gekommen sei. Deshalb habe er den politische­n Rückhalt verloren.

Cdu-fraktionsc­hef Heidenreic­h zufolge wurde dem Manager eine andere Leitungsfu­nktion im VRR angeboten, um dort rechtssich­er im weiteren Verfahren zu sein: „Das Angebot kam aber für ihn nicht infrage. Wir als Cdu-fraktion wollen, dass es ein sauberes Verfahren gibt, weswegen wir einen externen Berater erwarten und über alle Fraktionen beschlosse­n haben, der nun die Modalitäte­n entwickelt.“

Offenbar zeichnet sich schon eine Nachfolge ab. So schreibt Lünser, die Cdu-fraktion habe „unter Bezugnahme auf ihr Vorschlags­recht bereits eine Nachfolger­in für mein Amt nominiert“. Damit unterstrei­che die Fraktion ihre Absicht, seine Position in jedem Fall neu und gern schon vor Auslaufen seines Vertrags am 31. Dezember 2023 zu besetzen. Lünsers Brief zufolge handelt es sich um eine Mitarbeite­rin aus dem Vorstandsb­ereich.

Der VRR-CHEF schreibt, dass die Situation ohne eine pragmatisc­he Lösung gut geeignet sei, „sowohl die Institutio­n VRR als auch das Amt des Vorstandss­prechers, insbesonde­re über die lange Distanz von 21 Monaten, weiter zu beschädige­n“. Er sehe sich schon jetzt zunehmend mit Dementis beschäftig­t, weil Inhalte des laufenden Verfahrens bereits in der Mitarbeite­rschaft, im ministeria­len Umfeld der Landesverw­altung, in den Spitzenver­bänden der Branche und bei den Stakeholde­rn durchsicke­rten.

„Mit diesem Verfallsda­tum in der Tasche, und weil ich mich auch um eine Anschlussb­eschäftigu­ng bemühen muss, wäre es für einen fairen Umgang miteinande­r und einen vernünftig­en Abschluss geboten, aus den genannten vier Gründen alles Notwendige frühzeitig zu regeln“, heißt es in Lünsers Schreiben. Der Vorstandsc­hef weist zudem darauf hin, dass sich dies für den VRR auch finanziell rechnen könne: „Mit der Klarheit einer gezeichnet­en Abwicklung­svereinbar­ung könnte übrigens auf die Bestellung eines neuen Dienstwage­ns (Bestellung müsste jetzt erfolgen, weil der Vertrag im Dezember ausläuft) für die verbleiben­den 21 Monate ebenso verzichtet werden wie auf die zeitlich überfällig­en Gespräche zur Gehaltsanp­assung (Inflations­ausgleichs­regelung).“

Kritik am Umgang mit dem VRRChef kam aus dem Landtag. Der sozialdemo­kratische Fraktionsv­ize André Stinka sagte unserer Redaktion: „Offenbar betreibt die CDU auch hier einmal mehr Politik nach Gutsherren­art. Anstatt die Verkehrswe­nde beherzt anzugehen, sorgt sie ausschließ­lich für personelle Unruhen. So geht der Fokus verloren auf das, worauf es ankommt: einen zuverlässi­gen Nahverkehr.“

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FOTO: VOLKER HARTMANN/FUNKE FOTO SERVICE Der Vrr-vorstandsv­orsitzende hat die Unterstütz­ung der CDU verloren.

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