Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Bauern in Sorge um ihre Äcker
Die Erdkabel im Boden bedeuten einen erheblichen Eingriff. Wenn die Superstromtrasse durch den Niederrhein führt, wird das 2500 Landwirte treffen. Netzbetreiber Amprion informiert daher jetzt vor Ort.
Einer der Landwirte nahm erst gar kein Blatt vor den Mund: „Wir haben die nicht gerufen, wir wollten das Kabel nicht. Ich glaube nicht, dass viele Bauern davon begeistert sein werden“, sagte der Bauer aus Kerken am Rande der Infoveranstaltung für Landwirte zum 300 Kilometer langen Erdkabel, das auch mitten durch den Niederrhein führen wird. Er hatte genau die Frage mitgebracht, die auch viele seiner Berufskollegen umtreibt: Wie wird sich das Kabel auf den Ertrag auf meinen Feldern auswirken? Schließlich erwärme sich der Boden, wenn Strom durchgeleitet wird. Schon jetzt regne es oft nicht. Was passiere in trockenen Zeiten, wenn dann der Boden durch die Wärme zusätzlich aufgeheizt wird?
Die Kritik und die Fragen überraschten die Verantwortlichen von Amprion nicht. „Klar wirft das bei den Betroffenen Fragen auf: Warum muss das Kabel genau über mein Gelände führen, warum gibt es keine Masten?“erläutert Jonas Knoop von Amprion. Aber gerade das sei der Grund für die Veranstaltungen mit den Landwirten, die es in dieser Woche geben wird. Am Montag war der Auftakt, 20 Landwirte waren nach Heiden im Kreis Borken gekommen und bekamen erst reichlich Infos zum Projekt, bevor es dann raus in die Praxis ging. In Borken und Raesfeld sind nämlich seinerzeit die bundesweit ersten Erdkabel verlegt worden. Mit dem Bus ging es zu verschiedenen Punkten, um den Landwirten schon mal einen Eindruck zu verschaffen, was auf sie zukommen wird.
Mit Bernd Nienhaus war extra ein Landwirt aus Raesfeld eingeladen worden, der als Vertreter der Bauern den Bau des Erdkabels vor Ort begleitet hatte. „Wehrt euch mit Händen und Füßen“, sagte er. Wenn das nicht mehr möglich sei, müsse man sich rechtzeitig kümmern. „Versucht das beste daraus zu machen und denkt dran, der Boden danach ist nicht mehr der gleiche wie vorher.“Aus der Praxis kann er sagen, dass man mit dem Kabel im Boden leben könne. Wichtig sei, dass es entsprechende und faire Entschädigungszahlungen gebe. Da müsse es klare Gespräche mit Amprion geben und da könne es dann auch schon mal laut werden. Das gehöre dazu. Denn man müsse den Netzbetreibern auf die Finger schauen. „Es geht um unser Eigentum. Da ist es unser gutes Recht, auch entsprechene Rahmenvereinbarungen auszuhandeln, in denen auch der Minderertrag ausgeglichen wird“, sagt Nienhaus, der sich darüber ärgert, dass es in der Öffentlichkeit so wirke, als bekämen die Landwirte dicke Beträge zusätzlich. „Wir bekommen nichts zusätzlich, sondern lediglich eine Entschädigung dafür, dass wir Ertragseinbußen haben“, stellt er klar.
Vor allem eine Frage treibt die Landwirte um: Wie wirkt sich die zusätzliche Temperatur im Boden aus? Für Amprion hat Bodenkundler Norbert Feldwisch diesen Bereich im Blick. Man habe berechnet, dass es schlimmstensfalls in torfigen Böden zu einem Temperaturanstieg von drei bis vier Grad kommen könnte. Im Durchschnitt müsse der Landwirt mit ein bis zwei Grad rechnen. „Ganz klar: Dass die Äcker zu Wüsten werden, ist durch die Erdkabel nicht zu erwarten“, sagt der Wissenschaftler. Allerdings gehöre zur Wahrheit dazu, dass es in Bereichen, wo Trockenheit schon jetzt ein Problem sei, das Kabel für den Boden zusätzlichen Stress bedeute. In nassen Böden dagegen könne der Temperatursanstieg durch das Kabel sogar zum Ertragsanstieg führen.