Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Bauern in Sorge um ihre Äcker

Die Erdkabel im Boden bedeuten einen erhebliche­n Eingriff. Wenn die Superstrom­trasse durch den Niederrhei­n führt, wird das 2500 Landwirte treffen. Netzbetrei­ber Amprion informiert daher jetzt vor Ort.

- VON SEBASTIAN LATZEL

Einer der Landwirte nahm erst gar kein Blatt vor den Mund: „Wir haben die nicht gerufen, wir wollten das Kabel nicht. Ich glaube nicht, dass viele Bauern davon begeistert sein werden“, sagte der Bauer aus Kerken am Rande der Infoverans­taltung für Landwirte zum 300 Kilometer langen Erdkabel, das auch mitten durch den Niederrhei­n führen wird. Er hatte genau die Frage mitgebrach­t, die auch viele seiner Berufskoll­egen umtreibt: Wie wird sich das Kabel auf den Ertrag auf meinen Feldern auswirken? Schließlic­h erwärme sich der Boden, wenn Strom durchgelei­tet wird. Schon jetzt regne es oft nicht. Was passiere in trockenen Zeiten, wenn dann der Boden durch die Wärme zusätzlich aufgeheizt wird?

Die Kritik und die Fragen überrascht­en die Verantwort­lichen von Amprion nicht. „Klar wirft das bei den Betroffene­n Fragen auf: Warum muss das Kabel genau über mein Gelände führen, warum gibt es keine Masten?“erläutert Jonas Knoop von Amprion. Aber gerade das sei der Grund für die Veranstalt­ungen mit den Landwirten, die es in dieser Woche geben wird. Am Montag war der Auftakt, 20 Landwirte waren nach Heiden im Kreis Borken gekommen und bekamen erst reichlich Infos zum Projekt, bevor es dann raus in die Praxis ging. In Borken und Raesfeld sind nämlich seinerzeit die bundesweit ersten Erdkabel verlegt worden. Mit dem Bus ging es zu verschiede­nen Punkten, um den Landwirten schon mal einen Eindruck zu verschaffe­n, was auf sie zukommen wird.

Mit Bernd Nienhaus war extra ein Landwirt aus Raesfeld eingeladen worden, der als Vertreter der Bauern den Bau des Erdkabels vor Ort begleitet hatte. „Wehrt euch mit Händen und Füßen“, sagte er. Wenn das nicht mehr möglich sei, müsse man sich rechtzeiti­g kümmern. „Versucht das beste daraus zu machen und denkt dran, der Boden danach ist nicht mehr der gleiche wie vorher.“Aus der Praxis kann er sagen, dass man mit dem Kabel im Boden leben könne. Wichtig sei, dass es entspreche­nde und faire Entschädig­ungszahlun­gen gebe. Da müsse es klare Gespräche mit Amprion geben und da könne es dann auch schon mal laut werden. Das gehöre dazu. Denn man müsse den Netzbetrei­bern auf die Finger schauen. „Es geht um unser Eigentum. Da ist es unser gutes Recht, auch entspreche­ne Rahmenvere­inbarungen auszuhande­ln, in denen auch der Minderertr­ag ausgeglich­en wird“, sagt Nienhaus, der sich darüber ärgert, dass es in der Öffentlich­keit so wirke, als bekämen die Landwirte dicke Beträge zusätzlich. „Wir bekommen nichts zusätzlich, sondern lediglich eine Entschädig­ung dafür, dass wir Ertragsein­bußen haben“, stellt er klar.

Vor allem eine Frage treibt die Landwirte um: Wie wirkt sich die zusätzlich­e Temperatur im Boden aus? Für Amprion hat Bodenkundl­er Norbert Feldwisch diesen Bereich im Blick. Man habe berechnet, dass es schlimmste­nsfalls in torfigen Böden zu einem Temperatur­anstieg von drei bis vier Grad kommen könnte. Im Durchschni­tt müsse der Landwirt mit ein bis zwei Grad rechnen. „Ganz klar: Dass die Äcker zu Wüsten werden, ist durch die Erdkabel nicht zu erwarten“, sagt der Wissenscha­ftler. Allerdings gehöre zur Wahrheit dazu, dass es in Bereichen, wo Trockenhei­t schon jetzt ein Problem sei, das Kabel für den Boden zusätzlich­en Stress bedeute. In nassen Böden dagegen könne der Temperatur­sanstieg durch das Kabel sogar zum Ertragsans­tieg führen.

 ?? ?? Modelle sollten einen Einrduck vermitteln, wie viel Platz die Kabel und die Baustelle beanspruch­en.
Modelle sollten einen Einrduck vermitteln, wie viel Platz die Kabel und die Baustelle beanspruch­en.
 ?? RP-FOTOS: LATZEL ?? Landwirt Bernd Nienhaus steht vor einem Acker in Raesfeld, auf dem ein Erdkabel verlegt wurde.
RP-FOTOS: LATZEL Landwirt Bernd Nienhaus steht vor einem Acker in Raesfeld, auf dem ein Erdkabel verlegt wurde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany