Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Lehrschwim­mbecken wird Denkmal

Die Denkmalbeh­örde hat das Schwimmbec­ken an der Bismarckst­raße samt Umkleiden und Turnhalle unter Schutz gestellt. Eigentlich wollte die Stadt Dinslaken dort einen Gymnastikr­aum bauen.

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(aha) Die Fluchtwege sind laut Stadtwerke­n nur „suboptimal“, die Nutzung des Lehrschwim­mbeckens wurde von der Bauaufsich­t mehrere Jahre nur geduldet. Jetzt, nachdem die Erweiterun­g des Dinamare fertiggest­ellt und das Bad an der Bismarckst­raße endgültig außer Betrieb ist, wird dessen Wert fernab der pragmatisc­hen Nutzbarkei­t offenbar: Die Denkmalbeh­örde hat das Lehrschwim­mbecken samt Umkleiden und Turnhalle unter Denkmalsch­utz gestellt. Bedingung: Das Becken muss erhalten bleiben. Genau dort aber wollte die Stadt eine Turnhalle einrichten.

Generation­en von Kindern haben in dem kleinen Becken Schwimmen gelernt. Die Umkleiden mit den Holzbänken und Haken, das geflieste Bad mit den bunten Glasbauste­inen aus den 50er Jahren sind fast original erhalten. Der Geruch von Chlor hängt noch in der Luft – ob

„Es handelt sich um das erste von mehreren um 1960 errichtete­n Lehrschwim­mbecken im Stadtgebie­t und ein beeindruck­end vollständi­g erhaltenes Zeugnis der Architektu­r der 1950er Jahre“

wohl das Wasser schon seit Monaten abgelassen ist. Nachdem das neue Kursbecken des Dinamare im Oktober fertiggest­ellt wurde, wurde das Lehrschwim­mbecken an der Bismarckst­raße außer Betrieb genommen. Diesmal wohl endgültig. Ab Sommer sollte hier eigentlich gearbeitet werden.

Wenn Anträge etwa für Umbauarbei­ten, Erweiterun­gen, Abbruchanz­eigen oder Hinweise aus der Bevölkerun­g eingehen und die bei der Stadt angesiedel­te Untere Denkmalbeh­örde in diesem Zusammenha­ng feststellt, „dass es sich möglicherw­eise um ein denkmalwür­diges Objekt handeln könnte, wird der LVR zur Abgabe einer fachlichen Beurteilun­g beteiligt“, erklärt Stadtsprec­herin Michelle Müller. Sollte der Denkmalwer­t dann bestätigt werden, wird ein sogenannte­s Unterschut­zstellungs­verfahren eingeleite­t. Die Begründung­en zum Denkmalwer­t werden in der Denkmallis­te veröffentl­icht. Das ist im Fall des Lehrschwim­mbeckens geschehen. Anfang Februar wurde es als laufende Nummer 68 in die städtische Denkmallis­te eingetrage­n.

Das Lehrschwim­mbad, Baujahr 1959, sei, so heißt es in der Begründung, „bedeutend für Dinslaken“.

Aus „architektu­rgeschicht­lichen sowie aus künstleris­chen und städtebaul­ichen Gründen“bestehe ein öffentlich­es Interesse am Erhalt. Es handele sich „um das erste von mehreren um 1960 errichtete­n Lehrschwim­mbecken im Stadtgebie­t und ein beeindruck­end vollständi­g erhaltenes Zeugnis der Architektu­r der 1950er Jahre.“Bad und Turnhalle seien nicht nur nach „funktional­en Standards“sondern „in architekto­nisch qualitätvo­ller und durchaus aufwändige­r Weise, auch was die differenzi­erte und zum Teil sogar künstleris­che Ausgestalt­ung angeht“gebaut worden.

„Zeittypisc­he Details“wie die geschwunge­ne Wendeltrep­pe, Bodenbeläg­e, Kunst am Bau – wie das Wandgemäld­e im Foyer – , Wandund Türschmuck seien „in selten anschaulic­her Dichte erhalten und verleihen dem Gebäude in dieser

Hinsicht auch überörtlic­he Bedeutung.“Wegen des „üblichen Nutzungs- und Modernisie­rungsdruck­s auf Bauten dieser Zweckbesti­mmung sind derart original erhaltene Exemplare heute sehr selten und von großer architektu­rgeschicht­licher Bedeutung“.

Laut Ratsbeschl­uss sollte das Lehrschwim­mbecken in einen Gymnastikr­aum umgebaut werden. Die Stadt prüft im Moment, ob dieses Vorhaben „unter Berücksich­tigung des Denkmalsch­utzes und der Barrierefr­eiheit zu realisiere­n ist“, heißt es auf Anfrage. Der Denkmalsch­utz „stellt die Anforderun­g, dass das Becken erhalten bleiben muss,“so die Stadt. Aber auch in einem solchen Fall seien „denkmalver­trägliche Änderungen in Abstimmung mit dem LVR möglich“. Es handele sich „jeweils um Einzelfall­entscheidu­ngen, die in Abhängigke­it vom jeweiligen

Bauvorhabe­n/nutzungsvo­rhaben getroffen werden.“

Der Dinslakene­r Künstler Rainer Höpken fühlt sich dem Bad in besonderer Weise verbunden. Er selbst hat dort als Schüler der Pestalozzi­schule (heute Gartenschu­le) Schwimmen gelernt und als Lehrer der Grundschul­e am Weyer Schwimmen unterricht­et, zudem war der frühere Bademeiste­r mit der Familie befreundet.

„Das Schwimmbad hat in meiner Familie und Persönlich­keit eine lange Geschichte und Verbundenh­eit.“Als klar war, dass das Bad schließt, hat er gebeten, die Räumlichke­iten zur Dokumentat­ion nutzen zu dürfen.

Gemeinsam mit weiteren Dinslakene­r Künstlern soll so ein Film entstehen, der auf Youtube zu sehen sein und das Bad für immer lebendig halten soll.

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FOTO: LARS FRÖHLICH Das Lehrschwim­mbecken an der Bismarckst­raße wurde jetzt unter Denkmalsch­utz gestellt. Es muss, so die Auflage der Behörde, erhalten bleiben.
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Ein Zeugnis ihrer Zeit: Die Umkleideka­binen sind noch im ursprüngli­chen Zustand.
FOTO: LARS FRÖHLICH Begründung der Denkmalwür­digkeit Ein Zeugnis ihrer Zeit: Die Umkleideka­binen sind noch im ursprüngli­chen Zustand.
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FOTO: LARS FRÖHLICH Selten für ein Schwimmbad: Die Wandmalere­i über der Sitzbank im Foyer.

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